Späte Gäste
Die letzten Sonnenstrahlen in diesem Jahr wärmen mich
Eine leichte Brise weht von Westen her
Die Tage werden wieder kürzer
Es ist schon ein bisschen kühler geworden
Und ich packe meine geladenen Gäste,
die Späten Gäste
aus
Angenehm anzuschauen sind sie
Stimmungsvoll lächelt mir das Cover entgegen
Es gefällt mir
Wie sie gekleidet sind
Es gefällt mir
Wenn mir warm ums Herz wird,
obwohl ich noch keinen Ton gehört habe
Ich nähere mich meinen Gästen nicht ohne Neugier
Sie scheinen vertraut und fremd zugleich
Legt doch ab!
Außer sich selbst haben sie mir noch ein Geschenk mitgebracht.
Ein Kärtchen mit Büttenrand zum Aufklappen
Darin ein gelochtes rechteckiges Kästchen
In der Mitte ein Faden in das Kästchen eingenäht
Diesen Faden darf ich nicht verlieren!
Nicht nur deshalb, weil er von den Späten Gästen nicht zu trennen ist,
sondern weil er mich auch zu einer Internetadresse hinführt (
www.a-m-can.de )
Nach diesen anfänglichen Eindrücken schaut mir Dirk, vom Booklet her,
ganz tief in die Augen.
Nein, nicht aufdringlich, aber er will mir bestimmt jetzt sagen:
Die Reise kann beginnen.
Und spätestens jetzt wird ihm vielleicht auch bewusst:
Seine Späten Gäste sind endgültig zu meinen Späten Gästen geworden.
Jetzt aber rein mit der CD in den Player und das Booklet aufgeschlagen.
Und
Pure Poesie genießen, in Text, Wort und Klang.
Das Display zeigt zwölf Lieder an:
Playlist
Das sing ich dir
Alles Kino
Die Stillen
Die Sache mit den Türen
Die blaue Brandung
Wind und Papier
Nur noch zu zweit
Barbara
Franz Josef sing
Gestillte Sehnsucht
Mach die Augen zu
Athene Noctua
Maren erwähnte schon, was beim Lesen der Texte sofort deutlich wird. Dirk entwirft sehr intensive Bilder, die viel Raum für Interpretationen lassen. Jeder Text hat seine eigene Melodie. Und auch die Texte, die nicht von ihm sind, fügen sich nahtlos in das Gesamtbild ein.
Es sind ihrer drei auf dieser CD. Alle drei müssen unbedingt erwähnt und hervorgehoben werden. Nicht um einen Gegensatz zu Dirks Texten zu erzeugen, sondern um das Gesamtarrangement zu unterstreichen.
Da ist zuerst der Text von Clemens „Die Stillen“ (Musik: Dirk Schulte). Dieser Text, der von Dirk spontan vertont wurde, entwirft das Bild einer Bühne in mir. Der Spot geht an, da stehen sie im Scheinwerferlicht, die Stillen, ganz plötzlich, nicht mehr wegzudenken. Gerade in diesen Tagen, in denen mir so viele „wichtige Persönlichkeiten“ begegnen, bietet mir dieses Lied einen erfrischenden Kontrapunkt.
Der zweite Fremdtext heißt Barbara von Jacques Prévert, einem der populärsten Poeten des letzten Jahrhunderts in Frankreich. Sicher mit Bedacht wählte Dirk diesen Text aus, in dem Prévert die Zerstörung Brests thematisiert. Es handelt sich hier übrigens um eine Live-Aufnahme des Belgischen Rundfunks aus dem Jahre 1997. Das Gedicht gesprochen von Dirk, auf dem Saxofon von Heribert Leuchter begleitet. Ein ergreifendes Tondokument gegen den Krieg.
Links zu Jacques Prévert:
http://www.diplomatie.gouv.fr/label_france/DEUTSCH/LETTRES/prevert/prevert.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Pr%C3%A9vert
Der dritte Fremdtext ist von Friedrich Rückert: Gestillte Sehnsucht (Musik: Dirk Schulte). Er passt so perfekt in das Gesamtbild dieser CD, weil die Sprache dieses Dichters so bildhaft ist, wie die Texte dieses Albums insgesamt. Nachdem ich bereits das Herbstlied von Rückert auf den Werkspuren 1/2005 kennen lernen durfte, werde ich mich wohl mal näher mit diesem Autor auseinandersetzen. Oder warte ich lieber auf die Werkspuren 3/2005?
Texte von Friedrich Rückert:
http://www.litlinks.it/r/rueckert.htm , auch Gestillte Sehnsucht.
@Dirk
Ich freue mich übrigens, dass du dieses Mal den Anteil der gesprochenen Texte erhöht hast. Jetzt hast du meiner Meinung nach das richtige Verhältnis gefunden. „Die Sache mit den Türen“, einer dieser gesprochen Texte gefällt mir sehr gut. Er lädt dazu ein, deinen Gedichtband? „Kalte Fritten oder die Unverkäuflichkeit von Gedichten“ zu lesen.
Ich habe bisher sehr wenig zu deiner Musik gesagt, sondern hauptsächlich über Texte gesprochen. Und zudem bisher nur etwas über die Fremdtexte. Nun ja, du bist Musiker. Und du bist ein guter Musiker. Aber die Tatsache, dass du so bildhafte Texte geschaffen hast, weist dich erst einmal als einen vortrefflichen Texter aus. Das wollte ich auf keinen Fall unter den Tisch fallen lassen. Trotzdem werde ich nichts zu deinen Texten sagen, weil diese Texte gerade so viel Raum für Interpretationen lassen. Ich möchte die Bilder die bei mir entstanden sind, nicht fixieren. Das lässt anderen die Möglichkeit ihre eigenen Bilder zu finden.
Einen Text, bzw. ein Lied möchte ich trotzdem abschließend hervorheben. Das Lied über Väterchen Franz. „Franz Josef Sing“ hat mich mehr als dreißig Jahre zurückversetzt. Ich habe zwar nie selbst Gitarre gespielt. Ich hatte aber einen Freund, der Gitarre spielte. Zusammen haben wir Musik gemacht, bzw. ich habe die Lieder, die er sang und spielte, kräftig mitgeschmettert. Beim Hören deines Liedes entstand ein Bild, das ich lange nicht mehr vor Augen hatte. Diese Hommage an Franz Josef Degenhardt ist dir wirklich gut gelungen.
Ich kann Maren nur zustimmen: Melani Becker am Piano gefällt mir ausgesprochen gut. Und das nicht nur aber auch, wenn sie dich im Lied „Die Stillen“ begleitet.
Zu guter Letzt noch ein Wort zum Käuzchen. Das Käuzchen im letzten Stück schafft Nähe. Es regt zu Phantasien an. Ich stell mir dich am Schreibtisch vor, wie du arbeitest, draußen ruft das Käuzchen, dann lange Stille, nach einiger Zeit sprichst deinen letzten Text. Nach (deiner) getanen Arbeit schließe ich die Werkspuren 2/2005. Auf der Rückseite ein Dirk Schulte, der vielleicht denkt und sich fragt: Na, bist du beim nächsten Mal wieder dabei?!
Werkspuren 2/2005 ist ein Album, bei dem alles aufeinander abgestimmt ist. Es wirkt dadurch sehr persönlich, als ob du jedes einzelne Exemplar nur für den einen jeweiligen Empfänger geschaffen hast. Und so ist es ja auch. Edition Nr 89/120 ist meine eigene nur für mich bestimmte Ausgabe der Werkspuren 2/2005. So ein schönes Exemplar hat keiner
Werkspuren 2/2005
Texte von Dirk Schulte, Clemens Jahn, Jacques Prévert, Friedrich Rückert
Musik von Dirk Schulte, Andy Dany (teilw. auch Gitarre), Bernie Dolfus (teilw. auch Gitarre)
Am Piano Melani Becker, Bernie Dolfus
Saxophon: Heribert Leuchter
Andy Dolfus (teilw. Gitarre)