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Marlo Grosshardt fragt Christian Lindner "Was kostet die Welt?"

Verfasst: Sa 13. Mai 2023, 11:37
von migoe
Im Dezember 2022 habe ich dieses Lied bereits im Adventskalender vorgestellt und möchte den damaligen Beitrag aus aktuellem Anlass noch einmal herauskramen. Es geht um diesen Song:
Marlo Grosshardt - Christian Lindner (2022)
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Christian Lindner ist die zweite Single von der bald erscheinenden EP schön provokant des jungen Liedermachers Marlo Grosshardt, der sich selbst und seine Songs auf seiner Webseite Mario-Musik.de wie folgt beschreibt:
So beschreibt sich der junge Mann selbst auf deiner Webseite Zitat:
Marlo singt schön provokant über die Welt, die ihn umgibt. Der einundzwanzigjährige Hamburger packt seine kritischen Texte in ein raues Pop-Gewand. Seine kraftvolle Stimme trägt uns durch nostalgische Melodien und mitreißende Rhythmen. Seit er denken kann, verarbeitet er seine Sorgen und Ängste in eigenen Texten...

Marlo [fuhr] mit seiner Band diesen Sommer mit ihren Instrumenten im Kofferraum nach Lissabon, um an der Atlantikküste seine Debüt-EP aufzunehmen....

Bei “Christian Lindner“ lässt Marlo seinen Frust am Liberalismus aus, ohne aber dabei den Zeigefinger zu hoch zu halten.

Die fünf Songs, welche Ende 2022 erscheinen, lassen einen in die Gedanken und Geschichten von Marlo eintauchen.
Text von "Christian Lindner"
Unser Justus der ist zwanzig
und ist ganz stolz auf sein Betrieb
Der ihm zwar noch nicht gehört, doch er weiß,
dass er ihn irgendwann von seinen Eltern kriegt
Deshalb studiert er was mit Wirtschaft
und tritt schnell ein in die FDP
Denn er weiß, dass sie ihm helfen,
wenn er irgendwann die großen Dinger dreht

Ja du hast gesagt, was kostet die Welt
Hab' Christian Lindner gefragt, er meint es regelt sich selbst

Und ja der Dennis ist auch zwanzig
und er ist jetzt schon Multimillionär
Denn sein Vater der starb früh
und sein Geldbeutel der war ja super schwer
Und jetzt erzählt er seinen Angestellten,
die er sich von seiner Asche kauft
Dass wenn sie es nur wirklich wollen,
schaffen sie das, was er jetzt hat, dann später auch

Ja du hast gesagt, was kostet die Welt
Hab' Christian Lindner gefragt, er meint es regelt sich selbst
...

Und die beiden sind jetzt fünfzig
und glauben immer noch fest an den Markt
Doch die beiden die wissen immer noch nicht,
wie man Pflegekräfte richtig bezahlt

Ja du hast gesagt, was kostet die Welt
Hab' Christian Lindner gefragt, er meint es regelt sich selbst
...

Quelle: lyricfind.com
Mit der mantrahaften Wiederholung von "er meint es regelt sich selbst" ist wohl die immer wieder (halt wie ein Mantra) vorgetragene Behauptung von Christian Lindner (und vielen anderen selbstbenannten "liberalen" und "bürgerlich-konservativen" Politiker*innen), alle möglichen Organisations- und Finanzierungsdiskussionen in der Gesellschaft, würden sich durch die bloße Wiederholung der Formel "Der Markt regelt das!" in Gesprächsrunden auflösen lassen.

Der Song "Christian Lindner" arbeitet die ambivalente Einstellung zum Begriff "Leistung" in unserer Gesellschaft heraus:
  • Einerseits wird behauptet, wir lebten in einer "Leistungsgesellschaft" und deshalb dürfte der Staat keine Vermögenssteuer oder eine höhere Erbschaftssteuer erheben, weil es sich dann angeblich nicht mehr lohnen würde, ein Vermögen zu erarbeiten (FDP Position). Diejenigen, die für diese Position einstehen, verschweigen aber dabei, dass jemand, der etwas erbt, dafür nichts geleistet haben muss - und deshalb wird er durch eine Erbschaft auch nicht davon abgehalten, sich in der Gesellschaft als "Leistungsträger" einzusetzen. Aus einer Erbschaft wird ein "Vermögen" WEIL sie nicht angemessen besteuert wird
  • Andererseits warnen solche Politiker*innen öffentlich in Reden vor Streiks und Sorgen damit dafür, dass Menschen, die durch körperliche Arbeit die Gesellschaft am Laufen halten kein angemessener Lohn gezahlt wird, mit dem sie Wohnung, Essen, Mobilität und Freizeit bestreiten können - auch wenn sie nicht studiert und nichts geerbt oder an der Börse angelegt haben. Die Brisanz dieser Frage zeigt sich auch dieses Jahr wieder bei der Frage einer angemessenen Lohnangleichung und Inflationsausgleich bei der Bahn. Der Vorstand konnte seine Bezüge verdoppeln, im Vergleich zu 2021 (Quelle siehe Artikel auf spiegel.de) und wenn dieselbe Logik für alle gleichermaßen gelten würde, dann gäbe es sicher keinen Grund, das dieses Wochenende die Gewerkschaft EVG 50 Stunden in den Aufstand geht und ihre Mitglieder zum Streik aufgerufen hat (Quelle: siehe ebenfalls spiegel.de).
Hier liegt ein offensichtlicher Widerspruch in der Argumentation, und dieser wird in dem Song hervorragend herausgearbeitet!

Es freut mich, dass es auch junge Menschen gibt, die sich jenseits von Friday-for-Future und Klima-Aktivisten politisch interessieren. Politiker wie Christian Lindner treten in Diskussionsrunden häufig sehr arrogant und provokativ auf.

Die Positionen von jungen Menschen werden meiner Wahrnehmung nach, nicht immer ernst genommen und teilweise habe ich das Gefühl, er und viele andere (*hust*Söder*hust*Merz*hust) denken, man lässt ihnen den populistischen Quatsch und die oberflächlich rausgespuckten Pointen, die vor allem schockieren sollen, aber ansonsten nichts zu Sache betragen, einfach so durchgehen.

Menschen wie Marlo Grosshardt zeigen, dass sie sich nicht an der Nase herumführen lassen - und geben auch künstlerisch Kontra. Hey Christian, Hallo Markus, hört auf diese jungen Menschen. Er klebt sich nirgends fest. Ihr dürft sie also ernst nehmen!

Dieses Video habe ich übrigens auf dem offiziellen YouTube-Kanal von Marlo Grosshardt gefunden.