Lieber migoe,
das ist ein sehr schönes Beispiel, das du mit Monty Pythons Film herangezogen hast. Genau dies befürchte ich: Dass irgendwann Filme nicht mehr gezeigt werden, weil sie sich über Dinge lustig machen.
In diesem Falle allerdings würde dies eher nicht passieren, weil deftiger Spott an der Kirche und über die Religion in der woken, linken Szene toleriert wird. Die Empfindlichkeiten der Christen werden schon lange nicht mehr ernst genommen. Christen werden eher heutzutage
exkludiert. Ein ähnlich gestalteter Film, der Mohammed durch den Kakao ziehen würde, wäre hingegen gar nicht vorstellbar. Da wiederum würden linke Gruppierungen massiv ihr Veto erheben, weil es als Islamophobie betrachtet werden würde. Selbst wenn dieser Film die gleiche humoristische Qualität wie "Das Leben des Brian" hätte.
Meine Kulturkritik richtet sich per se eigenlich nicht gegen die spezielle politische Einstellung der "Sensiblen", sondern gegen deren Methodik, die übrigens auch die Rechte betreibt. In Amerika, mit einem sehr hohen Anteil an Evangelikalen und Radikalfundamentalisten, mischen die Ultrachristen sehr kräftig im beliebten Spiel, "Hilfe, Hilfe, das verletzt mich oder andere - es gehört verboten" mit.
Ein aktuelles Beispiel liefert die Kündigung einer Lehrerin in den USA, die ihren Sechstklässlern im Kunstunterricht die Marmorstatue des David von Michelango auf Bildern gezeigt hat. Sie musste gehen, weil sie damit angeblich gegen eine Vereinbarung verstieß, die besagte, dass bei
kontroversen Themen erst eine Erlaubnis eingeholt werden muss, bevor dies Thema im Unterricht behandelt werden darf. Natürlich rechnet keiner damit, dass das Marmorpimmelchen der weltberühmten Statue ein kontroverses Thema sein könnte. Doch - oh Erstaunen - drei Eltern hatten sich fürchterlich darüber aufgeregt, dass 6.-Klässler indirekt mit einem Marmorpenis konfrontiert werden. "Pornographie" im Kunstunterricht - oh Gott hilf. Sie kam ihrer Entlassung noch zuvor, in dem sie selbst kündigte.
Skurrile Posse an US-Schule: Ist Michelangelos „David“ Pornografie?
Armer Michelangelo, der wurde eh schon zu Lebzeiten immer wieder damit gequält, wenn er den Menschen so malte, wie er halt aussieht. Sein berühmtestes Gemälde "Das jüngste Gericht", sollte sogar wieder abgeschlagen werden, da zuviel Nacktheit zu sehen war. Ein anderer Maler musste dann im Auftrag der "sensiblen" und empörten Geistlichen Unterhosen über Geschlechtsteile malen. Dies wurde nie zurückgenommen und seither bekommen die Kunstinteressierten nur die zensierte Version des Gemäldes zu sehen.
Zitat aus
https://www.textlog.de/10526.html
- Michelangelo- Sixtinische Kapelle: Das jüngste Gericht
Die Nacktheit fast aller Gestalten des Bildes hat schon bei Lebzeiten des Künstlers Anstoß erregt. Papst Paul IV. wollte es herunterschlagen lassen, und unterließ es nur, weil Daniel da Volterra sich dazu hergab, die auffallendsten Blößen mit Gewändern zu bedecken, was ihm den Spottnamen des Hosenmachers zuzog.
Die Kirche hatte über Jahrhunderte hinweg die Tradition, Werte und Moral zu bewahren, in dem sie
sehr sensibel war - und gleichzeitig radikal-unmenschlich. Nun ist diese Institution in Europa am Absterben und die linke Szene baut jetzt ihre Art der Inquisition auf. Es hat schon quasi religiöse Anstriche, wie manche Protagonisten, mit hehren Moralvorstellungen, die im Grunde genommen ja richtig sind, aus Übereifer Zensur und Repression aufbauen wollen.
Und auch Hexenverfolgung gibt es wieder. Eine regelrechte Hexenjagd findet auf J.K.Rowling statt - und dies von beiden Lagern. Die Linken hassen sie, weil sie ihr Transfeindlichkeit unterstellen und die Rechten sorgten dafür, dass in einigen amerikanischen Bibliotheken ihre Bücher entfernt wurden, weil das Lesen von Harry Potter-Büchern als Werbung für Okkultismus und Satanismus verstanden wird. Die Kinder müssen vor so etwas geschützt werden.
Hexenjagd passt als Wort - welch Paradoxon - wirklich wie die Faust aufs Auge auf das, was mit der Schöpferin einer ganzen Welt von Zauberern und Hexen geschieht. Heutzutage brennen die Scheiterhaufen jedoch digital und löschen bürgerliche Existenzen aus.
Ja, man kann's wirklich übertreiben mit der Sensibilität. Ich kann vieles nicht mehr nachvollziehen und schon gar nicht in dem Chor der Sensiblen mitsingen. Ich kann nicht froh darüber sein, dass die Kirche die Gläubigen nicht mehr mit Repression überziehen kann, wenn andere Gruppierungen den Staffelstab beliebig aufnehmen und das Spiel weiterspielen wollen.
Wieder ein tagesaktuelles Beispiel:
In der Tagesschau wurde von
gebärenden Personen gesprochen, weil die Bezeichnung
Mutter angeblich diskriminierend sein soll.
* Diskriminierend? Da frage ich ganz ernsthaft: Wie lange wollt ihr diese Spiele noch treiben? Ja, man kann es mit dem Nachdenken über angebliche
Diskriminierung wirklich übertreiben.
*Die Tagesschau hat übrigens diese Formulierung geändert und ist schnell zurückgerudert. Wer ein Kind bekommt, darf wieder Mutter genannt werden. Seltsam, dass sogar Selbstverständlichkeiten wieder erstritten werden müssen.
Eine wirklich große Gefahr sehe ich darin, dass die Bauernfänger der AfD solche Lächerlichkeiten zum Anlass nehmen und alles diskreditieren. Dann werden auch wirklich wichtige Themen negativ konnotiert, weil im Wust der Übertreibungen die wirklichen Notwendigkeiten untergehen. Reale stattfindendende Diskriminierungen, bzw. der wichtige Hinweis darauf, wird von anderen - überflüssigen - Diskussionen zugekleistert und geht damit im Rauschen der stetig heranrollenden Empörungswellen unter. Wer diese neumodischen Übertreibungen erlebt, läuft Gefahr alles nur noch als lächerlich zu betrachten, was aus dem linksliberalen Lager kommt - auch Themen wie die Bekämpfung des Klimawandels, der uns wirklich existentiell bedroht. So nach dem Motto: Die kann man doch mit allem nicht ernst nehmen, bei dem Quatsch, was die verzapfen.
Und eine ebenso große Gefahr liegt in der Tatsache, dass der zwanghafte Drang alles
inkludieren zu wollen, dazu führt, dass viele, viele Menschen plötzlich
exkludiert werden.
Mit sehr nachdenklichen Grüßen
Barde
P.S
Da diese Diskussion jetzt das eigentliche Thema über die Bedeutung unserer Signaturen sprengt, würde ich vorschlagen, es vielleicht in einem eigenen Thread auszugliedern. Was haltet ihr davon?
Wie wäre es mit der Überschrift "Gibt es einen neuen Kulturkampf? - Meinungen, Kritik, Diskussion"?