Gerade lyrische Texte haben doch eigentlich den Vorteil, sich nicht "anpassen" oder "anbiedern" zu müssen, denn was als "fertiges Gedicht" vorliegt, braucht keine sprachliche Anpassung mehr sondern steht für sich alleine. Deshalb finde ich es höchst unpassend, wenn bei der Diskussion "Gendern: ja oder nein?" diese Begründung vorgebracht wird.
Die Gedichte von z.B. Reinhard Mey , Bob Dylan , Wolfgang von Goethe, Wilhelm Busch, Heinrich Heine usw. stehen für sich und müssen sowieso stets in dem jeweiligen Kontext der Entstehung gesehen werden (was aber selten getan wird). Insofern kann ich zwar einerseits natürlich verstehen, wenn Du, liebe @amori , diesbezüglich keine "Anpassungen" an bestehenden lyrischen Werken haben möchtest. Andererseits aber ist es das Wesen der Lyrik, zu gefallen UND zu sagen, was ist, also gehört das ambivalente Verhalten schon immer zu lyrischen Texten und wird das auch immer bleiben.
Deshalb ist es für mich durchaus vorstellbar, dass dieses von Dir gebrachte Beispiel HEUTE von Herrn Goethe vielleicht tatsächlich anders klingen würde. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Menschen in Goethes Zeit seine Texte immer genau so verstanden haben, wie er sie gemeint hat - gilt aber natürlich für uns heute auch! Gerade Goethe ist aber kein besonders "gutes Beispiel", was die Argumentation "versus" Gendern angeht, denn im Grunde seines Herzens war Goethe (davon bin ich felsenfest überzeugt) ein Anhänger der Idee von Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit - zuende gedacht, schließt das nunmal auch die Gleichberechtigung in der Sprache ein, oder
Dies ist natürlich keine wissenschaftlich fundierte Einschätzung von mir, sondern meine persönliche Sichtweise, aber ich bin mir sicher, damit nicht so falsch zu liegen, oder? Dieses Gedicht habe ich gefunden auf der Webseite leiseimlaut.de