Banz 2022 - Meinungen
Verfasst: Di 5. Jul 2022, 00:06
Hallo zusammen,
eine kurze Beschreibung meines Banz-Erlebnisses 2022:
aus meiner Sicht wandelt sich das Festival seit der Änderung des Veranstalters 2017 mehr und mehr von einem "Liedermacher- / Singer+Songwriter-Festival" zu einem Mainstream-Event mit vermehrter Popmusik. Die Veranstalter und somit auch der künstlerische Leiter denken sich natürlich etwas bei der Programmgestaltung im finzanziell sicherlich eng gesteckten Rahmen.
Die Qualität und eine gewisse Vielseitigkeit der Darbietungen sind immer noch gut, trifft aber immer weniger meinen Geschmack für das Gesamtkonzept. Es gibt immer noch herausragende Einzeldarbietungen, auch von den Nachwuchspreisträgern der Hanns-Seidel-Stiftung, aber die leisen Töne sind merklich ins Hintertreffen geraten.
Da ist es für mich um so mehr verständlich, daß 2019, vor der Corona-Pause, Wolfgangs Pausen-Beitrag "Nein, ich laß Dich nicht allein" so gut ankam, wenn man sich mit anderen Leuten unterhält, die noch die Liedermacherzeit mit genossen haben. Vielleicht waren diese leiseren Töne auch so beeindruckend, weil sie im regulären Programm seltener geworden sind. Wolfgang hat es damals geschafft, mit leisen Tönen die Leute wirklich zum Zuhören zu bringen, wo bei lauteren Aufführungen wesentlich mehr Unruhe herrscht in Form von Gerede und Gängen zum Klo oder zu den Beköstigungsbuden (nebenbei: ich selbst habe den Haindling-Auftritt zu einem Besuch dieser Einrichtungen genutzt).
Dieses Mal hat nichts mehr an Reinhard Mey oder Hannes Wader erinnert. Ado Schlier scheint sogar die Auftrittsrechte am Lied "Gute Nacht, Freunde" mitgenommen zu haben, denn seit es nun mit neuen Veranstaltern "Lieder auf Banz" heißt, wird zum Schluß die eigentliche Hymne des Festivals am Ende nicht mehr gesungen. Das Lied aufzuführen und GEMA-Gebühren dafür zu bezahlen, sollte kein Problem sein, aber vielleicht ist dies eine Maßnahme, um die Marke "Lieder auf Banz" bewußt von "Songs an einem Sommerabend" abzugrenzen.
Es ist einfach anders geworden, Geschmack hin oder her.
Manche Leute haben 1996 einen Schnitt gemacht, nachdem Reinhard Mey mit der Darbietung von "Sei wachsam" in Ungnade fiel und Banz jahrelang den Rücken kehrte bzw. als Moderator kehren mußte.
Anderen war die überdachte Bühne Grund genug, den Songs abzuschwören.
Ich habe dieses Jahr zum ersten Mal Zweifel, ob es für mich ein nächstes Jahr auf Banz geben wird. Vom Programm lockt mich außer Heinz Rudolf Kunze nichts. Karat interessiert mich nicht mehr, seit Claudius Dreilich den Gesang übernahm, auch wenn es für den Gesang vermutlich keinen geeigneteren Nachfolger hätte geben können. Aber Karat paßt für mich einfach nicht zu Banz. Genau wie Dieter "Maschine" Birr mit Jule Neigel 2019 für meinen Geschmack den Tiefpunkt der Songs 2019 darstellte, nicht nur wegen des Genres, auch qualitativ. Das hat mit Liedermacherei nicht mehr viel zu tun.
Es braucht Publikumsmagneten, keine Frage. Dieses Jahr waren es wohl Annett Louisan, Hubert von Goisern und Chris de Burgh (für Lokalpatrioten kann man auch gerne Haindling noch dazuzählen). Hubert von Goisern entsprechend martialisch, musikalisch beeindruckend, aber paßt er wirklich zu Banz ? Immerhin hat er am Ende seines Auftritts ein Lied nur mit Gitarrenbegleitung gespielt. Klar, auch bei Konstantin Wecker kann man bei manchen Liedern (z.B. "Weltenbrand") dieselbe Frage stellen. Da sind wir wieder bei der Geschmacksfrage.
Und als Fan muß ich gestehen, daß mich Chris de Burgh auch angelockt hat, zumal er solo und somit ohne Band unterwegs war. Aber bei seiner Song-Auswahl habe ich mich wirklich gewundert. Er schien eher auf Werbetour für seine Solo- und seine Robin-Hood-Tour gewesen zu sein. In diesen Zeiten an einem solchen Abend bei so einem Festival hätte ich mir wirklich eher "Borderline" gewünscht statt so einem langweiligen Song wie "Sailing away", der schon als Studio-Version langweilig ist. Aber auch das -wie immer- ist Geschmackssache.
Sarah Straub fand ich toll, Kellerkommando hingegen äußerst schwach, zumal ich da den Eindruck hatte, daß da irgendein Halbplayback dabei war, denn als die Blechbläser und das Akkordeon schwiegen, hätte man eigentlich nur Stimmen, Bass und Schlagzeug hören müssen, da waren aber auch noch andere Töne zu hören, die von irgendeinem Synthi hätten kommen müssen. Chris de Burgh hatte auch einen Song mit (mindestens) Halbplayback im Programm.
Bodo Wartke hat mit seinem Part und mit seiner Moderation und seinen Umbau-Pausenfüllern für mich durchgängig die Stimmung aufrechterhalten. Georg auf Lieder fand ich auch gut, einfach nur authentisch, Annett Louisan fand ich auch ganz okay, auch wenn sie meines Wissens zu ihren Liedern höchstens die Texte beisteuert. Auch ihre Einladung sagt schon viel über den Trend aus, den "Lieder auf Banz" scheinbar gehen will: mehr Mainstream.
Max Prosa und Alexandra Janzen überzeugten mich nicht wirklich. Die Feisten sorgen natürlich immer für Stimmung und ich fand sie auch gut.
Letztendlich kommt es immer drauf an, worauf man sich einlassen will. Ich verfalle mit meinem Geschmack auch nicht selten dem Mainstream und dem Pop, aber das diesjährige Gesamtpaket paßt für mich nicht wirklich zu Banz. Da es Liedermacher bzw. neudeutsch "Singer/Songwriter" hierzulande nicht gerade einfach haben, würde ich mir wünschen, wenn Banz gerade für sie immer noch eine Bühne böte, wo sie wirklich auch eine Bühne vor begeisterten Fans dieses Genres bekämen und nicht wie Lückenfüller zwischen Publikumsmagneten wirken.
Soweit meine Einschätzung. Andere Meinungen ?
Viele Grüße
Georg
eine kurze Beschreibung meines Banz-Erlebnisses 2022:
aus meiner Sicht wandelt sich das Festival seit der Änderung des Veranstalters 2017 mehr und mehr von einem "Liedermacher- / Singer+Songwriter-Festival" zu einem Mainstream-Event mit vermehrter Popmusik. Die Veranstalter und somit auch der künstlerische Leiter denken sich natürlich etwas bei der Programmgestaltung im finzanziell sicherlich eng gesteckten Rahmen.
Die Qualität und eine gewisse Vielseitigkeit der Darbietungen sind immer noch gut, trifft aber immer weniger meinen Geschmack für das Gesamtkonzept. Es gibt immer noch herausragende Einzeldarbietungen, auch von den Nachwuchspreisträgern der Hanns-Seidel-Stiftung, aber die leisen Töne sind merklich ins Hintertreffen geraten.
Da ist es für mich um so mehr verständlich, daß 2019, vor der Corona-Pause, Wolfgangs Pausen-Beitrag "Nein, ich laß Dich nicht allein" so gut ankam, wenn man sich mit anderen Leuten unterhält, die noch die Liedermacherzeit mit genossen haben. Vielleicht waren diese leiseren Töne auch so beeindruckend, weil sie im regulären Programm seltener geworden sind. Wolfgang hat es damals geschafft, mit leisen Tönen die Leute wirklich zum Zuhören zu bringen, wo bei lauteren Aufführungen wesentlich mehr Unruhe herrscht in Form von Gerede und Gängen zum Klo oder zu den Beköstigungsbuden (nebenbei: ich selbst habe den Haindling-Auftritt zu einem Besuch dieser Einrichtungen genutzt).
Dieses Mal hat nichts mehr an Reinhard Mey oder Hannes Wader erinnert. Ado Schlier scheint sogar die Auftrittsrechte am Lied "Gute Nacht, Freunde" mitgenommen zu haben, denn seit es nun mit neuen Veranstaltern "Lieder auf Banz" heißt, wird zum Schluß die eigentliche Hymne des Festivals am Ende nicht mehr gesungen. Das Lied aufzuführen und GEMA-Gebühren dafür zu bezahlen, sollte kein Problem sein, aber vielleicht ist dies eine Maßnahme, um die Marke "Lieder auf Banz" bewußt von "Songs an einem Sommerabend" abzugrenzen.
Es ist einfach anders geworden, Geschmack hin oder her.
Manche Leute haben 1996 einen Schnitt gemacht, nachdem Reinhard Mey mit der Darbietung von "Sei wachsam" in Ungnade fiel und Banz jahrelang den Rücken kehrte bzw. als Moderator kehren mußte.
Anderen war die überdachte Bühne Grund genug, den Songs abzuschwören.
Ich habe dieses Jahr zum ersten Mal Zweifel, ob es für mich ein nächstes Jahr auf Banz geben wird. Vom Programm lockt mich außer Heinz Rudolf Kunze nichts. Karat interessiert mich nicht mehr, seit Claudius Dreilich den Gesang übernahm, auch wenn es für den Gesang vermutlich keinen geeigneteren Nachfolger hätte geben können. Aber Karat paßt für mich einfach nicht zu Banz. Genau wie Dieter "Maschine" Birr mit Jule Neigel 2019 für meinen Geschmack den Tiefpunkt der Songs 2019 darstellte, nicht nur wegen des Genres, auch qualitativ. Das hat mit Liedermacherei nicht mehr viel zu tun.
Es braucht Publikumsmagneten, keine Frage. Dieses Jahr waren es wohl Annett Louisan, Hubert von Goisern und Chris de Burgh (für Lokalpatrioten kann man auch gerne Haindling noch dazuzählen). Hubert von Goisern entsprechend martialisch, musikalisch beeindruckend, aber paßt er wirklich zu Banz ? Immerhin hat er am Ende seines Auftritts ein Lied nur mit Gitarrenbegleitung gespielt. Klar, auch bei Konstantin Wecker kann man bei manchen Liedern (z.B. "Weltenbrand") dieselbe Frage stellen. Da sind wir wieder bei der Geschmacksfrage.
Und als Fan muß ich gestehen, daß mich Chris de Burgh auch angelockt hat, zumal er solo und somit ohne Band unterwegs war. Aber bei seiner Song-Auswahl habe ich mich wirklich gewundert. Er schien eher auf Werbetour für seine Solo- und seine Robin-Hood-Tour gewesen zu sein. In diesen Zeiten an einem solchen Abend bei so einem Festival hätte ich mir wirklich eher "Borderline" gewünscht statt so einem langweiligen Song wie "Sailing away", der schon als Studio-Version langweilig ist. Aber auch das -wie immer- ist Geschmackssache.
Sarah Straub fand ich toll, Kellerkommando hingegen äußerst schwach, zumal ich da den Eindruck hatte, daß da irgendein Halbplayback dabei war, denn als die Blechbläser und das Akkordeon schwiegen, hätte man eigentlich nur Stimmen, Bass und Schlagzeug hören müssen, da waren aber auch noch andere Töne zu hören, die von irgendeinem Synthi hätten kommen müssen. Chris de Burgh hatte auch einen Song mit (mindestens) Halbplayback im Programm.
Bodo Wartke hat mit seinem Part und mit seiner Moderation und seinen Umbau-Pausenfüllern für mich durchgängig die Stimmung aufrechterhalten. Georg auf Lieder fand ich auch gut, einfach nur authentisch, Annett Louisan fand ich auch ganz okay, auch wenn sie meines Wissens zu ihren Liedern höchstens die Texte beisteuert. Auch ihre Einladung sagt schon viel über den Trend aus, den "Lieder auf Banz" scheinbar gehen will: mehr Mainstream.
Max Prosa und Alexandra Janzen überzeugten mich nicht wirklich. Die Feisten sorgen natürlich immer für Stimmung und ich fand sie auch gut.
Letztendlich kommt es immer drauf an, worauf man sich einlassen will. Ich verfalle mit meinem Geschmack auch nicht selten dem Mainstream und dem Pop, aber das diesjährige Gesamtpaket paßt für mich nicht wirklich zu Banz. Da es Liedermacher bzw. neudeutsch "Singer/Songwriter" hierzulande nicht gerade einfach haben, würde ich mir wünschen, wenn Banz gerade für sie immer noch eine Bühne böte, wo sie wirklich auch eine Bühne vor begeisterten Fans dieses Genres bekämen und nicht wie Lückenfüller zwischen Publikumsmagneten wirken.
Soweit meine Einschätzung. Andere Meinungen ?
Viele Grüße
Georg