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Degenhardt.onzert in Hannover

Verfasst: Mo 1. Nov 2004, 15:33
von Michael
Hallo,
zurzeit ist Franz Josef Degenhardt mal wieder auf einer kleinen Tournée. Die Frühjahrstour musste ja wie im vergangenen Jahr aus Gesundheitsgründen abgesagt werden, aber im Herbst klappt’s mal wieder. Ich habe ihn am Wochenende in Hannover gesehen im Theater am Küchengarten, einem kleinen Kabarett mit vielleicht 120, 130 Sitzplätzen, die natürlich alle besetzt waren. Das Theater muss übrigens wahrscheinlich im Januar dichtmachen, weil die Landesregierung dringend ihren Haushalt sanieren muss und sich deshalb die popeligen 65.000 Euro Zuschuss für das TaK nicht mehr leisten kann. Das ist halt das Problem, wenn Politiker über so was entscheiden, für die das Schützenfest das einzige akzeptierte kulturelle Ereignis ist.
„Gott ist, der alt geworden“ war der erste Kommentar meiner Sitznachbarin, aber darauf war ich ja aus Seligenstadt letztes Jahr vorbereitet. Ich hatte das Gefühl, dass er ein bisschen besser zu Fuß war als noch im letzten Jahr, aber das kann auch ein falscher Eindruck sein. Beim Singen und Spielen merkt man jedenfalls keinen Unterschied. Ein paar alte Lieder wechseln mit aktuellen Stücken. Oft wird er aktuell politisch, hauptsächlich aber singt er persönliches und schafft es dabei, einen immer wieder ganz tief zu berühren. Was mich besonders gefreut hat: Insgesamt fünf Lieder sind im Programm, die ganz neu sind und noch nicht auf CD veröffentlicht. Da kann man sich doch auf eine neue CD demnächst mal freuen, und ich glaube, die wird richtig gut. Von den alten Sachen singt er gleich zu Beginn „Diesmal wird ich nicht“, immer noch eines der kraftvollsten Anti-Krigslieder, und das großartige „Wölfe mitten im Mai“, bei dem er allerdings in arge Textnot gerät, aus der ihn auch die Zuflüsterungen von Sohn Kai, der ihm wieder der typischen leichtfüßigen Sound verleiht, nicht retten können. Dieses Lied ist auch das einzige im ersten Teil, bei dem er eine Ansage macht. Auch im zweiten Teil macht er nur eine einzige Ansage (zu „Kirschenzeit“). Seine Auftritte werden immer distanzierter, aber das passt zu ihm. Anbiederung kann er nun mal nicht leiden und seine Lieder sagen schließlich alles, was gesagt werden muss.
Als Zugaben singt er von der aktuellen CD „Kommt, ihr Gespielen“ und noch zwei ganz neue Stücke. Das ist mal was Anderes, denn bislang waren seine Zugaben ja immer ziemlich vorausschaubar. Aber diesmal gibt’s weder „Das Testament“ noch die „Schmuddelkinder“, auf die alle gewartet haben. Das ist halt das Gute an Degenhardt: er leistet es sich einfach, keine Nostalgie aufkommen zu lassen und die Erwartungen des Publikums nicht zu erfüllen. Damit gewinnt er auf jeden Fall, den man merkt, dass er immer noch unheimlich viel zu sagen hat. Ich glaube, wenn die Gesundheit mitspielt, können wir uns noch auf einiges gefasst machen.
Michael