Hallo zusammen,
momentan lese ich
Perry Friedmans Autobiographie:
»Wenn die Neugier nicht wär'« - Ein Kanadier in der DDR
Quelle: https://images-na.ssl-images-amazon.com ... RBqMwL.jpg
Man muss dazu sagen, dass der Sänger seine Autobiographie nicht vollenden konnte -- und so ist es ein "Mischwesen" geworden, das irgendwann abbricht. Und den Abschluss bilden dann Beiträge von Freunden, die über Friedman schreiben.
Und so will ich es dem Autor auch nicht ankreiden, dass ich schwer ins Buch reinkam, weil in den Kapiteln zur Kindheit vieles auf mich skizzenhaft und nicht allzu ansprechend geschrieben wirkte. Oftmals wird in einem kurzen Absatz eine Begegnung mit jemandem beschrieben, von dem es dann gleich wieder heißt: "Ich sah ihn nie wieder." Wer weiß, wie der Gesamtaufbau hätte aussehen können, wenn da noch manch letzter Schliff angelegt worden wäre.
Ich gab das Lesen aber doch nie auf, weil Friedmans Leben und Werk nun mal spannend war.
Alltag als Kind jüdischer Abstammung im ländlichen Kanada der 1940er/1950er Jahre: Darüber wusste ich wenig und jetzt vielleicht ein Fünkchen mehr.
Und dann sein Verdienst um Volkslieder! Der gute Mann war in Kanada unterwegs und hat gebrechliche alte Leute ausfindig gemacht, um sich mündlich überlieferte Songs vorsingen zu lassen, na, wenn das keine Hingabe zur Archivierung ist, dann weiß ich auch nicht!
Besser zu lesen -- mit wiederkehrenden Personen und größerem Gesamtzusammenhang -- wird das Buch ab seiner ersten Übersiedelung in die DDR, insbesondere die Einzelheiten zur musikalischen Karriere. Ich wusste vorher von Friedmans Werk ohnehin eher nur über die 1970er/1980er-Periode und Connection zum "Festival des politischen Liedes" usw. Aber als er rüberkam 1959 gabs die Mauer noch nicht, Brecht war erst 3 Jahre tot, Hanns Eisler lebte noch: Das ist irgendwie doch noch so eine Vorab-Generation im Vergleich zu den Künstlern, denen ich sonst so folge, was es spannend macht. Aber die Verbindungen zur nachfolgenden Liedermacherwelt zeichnen sich schon ab, etwa wenn Friedman mit dem frisch entstehenden Pläne-Verlag zu tun hat.
Dass Friedman Kommunist ist, wird quasi als selbstverständlich gegeben und nicht groß erläutert. Wenn es dann in der DDR mit dem real existierenden Sozialismus Probleme gibt, er plötzlich eine Hootenanny nicht mehr so nennen darf, weil ein deutsches Wort her muss, solcherlei Dinge: Dann wirds besonders interessant.
Friedman verließ die DDR dann, kehrte nach einer Weile wieder dorthin zurück, aber da bricht seine eigene Darstellung auch schon ab.
Jetzt gerade bin ich beim Lesen des ersten Beitrags eines anderen Schreibers; so weit so erhellend und lückenfüllend.
Hoffentlich kommt es insgesamt zu einem halbwegs guten Abschluss.
Dafür, dass ich mir das Buch eigentlich nur gekauft habe, um die beiliegende CD zu haben, kann ich nicht meckern!
Hier ein Zitat, das mir gut gefiel:
Sie nannten mich manchmal den Vater der Singebewegung, aber eigentlich hatte ich ihnen nur helfen wollen herauszufinden, wie wundervoll ihre eigenen Volkslieder waren, und sie ermutigen wollen, diese wieder zu singen.
Viele Grüße
Viktor
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