Klajokas schrieb:
Für mich ist der Unterschied zwischen Schlagergedudel ( Was ich mir manchmal auch ganz gerne anhöre ) und der Lyrik aller Liedermacher doch eben Toleranz, Liebe, Frieden, Gewaltfreiheit und und und... Kann ich da einfach eine Schubladenverpackung vornehmen und typisch deutsch in Ordner packen ?
Ich glaube nicht.
Huuuuh ... vorsichtig ...
Toleranz, Liebe, Frieden, Gewaltfreiheit - das findet man in der Regel auch beim Schlager (den ich auch mitunter ganz gerne mal höre, wenn's jetzt nicht gerade Andy Andres mit "a quadrat mal b mal Wurzel piep" ist oder so was anderes Matschbirniges ...). Es gibt einige Liedermacher, die durchaus schon mal dazu aufgefordert haben, die Ärmel hochzukrempeln und sich zu widersetzen - und auch in diesen Kreisen herrschte nicht immer Schmusekurs. Besonders eindrucksvoll ist das auf Wolf Biermanns "Es geht seinen sozialistischen Gang" in einer Diskussion über russische Panzer festgehalten worden. Auch wenn ein Liedermacher Stücke aus der Pariser Kommune oder dem Spanischen Bürgerkrieg in sein Repertoire aufnimmt, sind das nicht immer die resignierten, sondern auch schon mal die kampflustigen.
Für mich ist christlich weder katholisch noch evangelisch sondern einfach Inhalt. Und die Aussageunterschiede sogenannter christlicher zu "normalen" Liedermachern sind da kaum vorhanden. Es sei denn man rechnet moderne Kirchenlieder dazu.
Gott bzw. die Dreifaltigkeit nimmt in den Liedern der christlichen Liedermacher eine zentrale Rolle ein. Um ihn, seine Güte und seine Macht drehen sich die meisten Lieder. Dabei sind es aber häufig eben keine Kirchenlieder. Es gibt sogar Lieder ("Höchst erbauliche Gedanken" von Manfred Siebald fällt mir da spontan ein), die man definitiv so niemals in irgendeinem Gottesdienst hören wird, weil sie sich nämlich auch ein wenig über die Kirche lustig machen (im Falle dieses Stücks schweifen die Gedanken eines Mannes im Gottesdienst ab und er beschäftigt sich eher mit der Inneneinrichtung der Kirche oder einer knarrenden Bank als mit den Worten des langweiligen Pastors).
Nehmen wir nochmal Manfred Siebald, um den Unterschied deutlich zu machen:
Die Fliege ist tot, ich hab' sie erschlagen,
jetzt habe ich Ruhe, sie nervt mich nicht mehr,
was mußte sie auch um die Lampe jagen,
als wenn sie nicht richtig im Kopfe wär'?
Manfred Siebald, "Die Fliege ist tot", 1. Teil der 1. Strophe
(Zitat erfolgte aus dem Gedächtnis, eventuelle Abweichungen vom Original sind nicht beabsichtigt und sollten dem Verfasser des Beitrags nach Möglichkeit nachgesehen werden
)
Diese Ausgangsposition wird man sicherlich auch bei einigen anderen Liedermachern (und Liedermachings) finden - eine Fliege. Was ein "normaler" Liedermacher aus dieser Ausgangssituation machen würde, weiß ich nicht - es hängt vom Liedermacher, seinem Können und seiner Absicht ab. Ein christlicher Liedermacher dagegen wird nun versuchen, Gott, die Schöpfung oder die Hoffnung auf eine christliche Zukunft oder das Leben nach dem Tode / das Paradies mit in seinen Text einfließen zu lassen.
Tatsächlich liefert Siebald noch eine kleine Überleitung, die ich leider spontan nicht mehr zusammenkriege (die Fliege verschwindet mitsamt dem Mordinstrument - eine Zeitung, wenn ich mich richtig erinnere - im Papierkorb), und der Fliegenmörder fängt sodann an zu sinnieren:
Wie wäre es, wenn Gott so wär' wie ich
und gleich erschlüg', was ihm mißfällt -
wer könnte dann dem Tod entflieh'n?
Er hätte Christus nicht gesandt für mich,
für meine Schuld und die der Welt,
damit ich leben kann durch ihn,
durch ihn.
Manfred Siebald, "Die Fliege ist tot", Refrain
(Auch dieses Zitat erfolgte aus dem Gedächtnis, eventuelle Abweichungen ... nun ja ... siehe oben
)
"Die Fliege ist tot" ist definitiv kein Kirchenlied, aber die Aussage unterscheidet sich meiner Ansicht nach ziemlich deutlich von der, die ein "normaler" Liedermacher wahrscheinlich mit solchen Ausgangszeilen angestrebt hätte.
Gruß
Skywise