Hallo Andreas,
ja, dieser Faden könnte tatsächlich wieder interessant werden.
So einiges, das Du schreibst, bestätigt meine Auffassung. Zu viele Menschen hierzulande sind zu bequem geworden, sich ernsthaft mit Dingen zu befassen und auseinanderzusetzen. "Kritikloses Konsumieren" scheint das Motto zu sein, es wird zu Vieles einfach hingenommen. Klar wird auch gemosert und geschimpft, aber nur im stillen Kämmerlein. Zu wenige machen sich die Mühe, aktiv etwas zu unternehmen, und so bleibt es beim Jammern und Klagen, und so wiederum beruft sich der Produzent auf diese schweigende Mehrheit und bedient die Konsumenten weiter mit dem, das ihm das meiste Geld bringt. Das gilt nicht nur für die Medien, aber für sie ganz besonders.
Nur am Rande: Ich selbst bin beim Radio (öffentlich-rechtlich) beschäftigt, ein klein wenig Einblick habe ich also auch, auch wenn meine Tätigkeit nicht im redaktionellen Bereich liegt.
Deine Aussage, daß es einem Redakteur zunächst mal egal ist, ob und wer sein Programm hört, wage ich ein wenig anzuzweifeln. Wenn nämlich niemand sein Programm hört, mithin die Einschaltquoten sinken (und somit die Gebühren- oder Werbeeinnahmen), hat er ein ernsthaftes Problem, somit kann es ihm nicht egal sein. Mithin würde - und das meinte ich mit der "Macht", die Verbraucher ausüben könnten (Boykott ist da nur eine Alternative), wären sie sich ihrer bewußt bzw. nicht zu bequem sie auszuüben - ein konsequenter Konsumverzicht der breiten Masse schon etwas bewirken, würden sich nur genügend Menschen zusammen"rotten". Das tun sie aber nicht, Auswirkung siehe oben.
Wer hört denn eigentlich noch bewußt ?
Ich und einige, die ich kenne. Aber das sind leider nicht genug.
Und, selbst wenn, wo gibt es etwas, das sich lohnt, bewußt zu hören ?
Guckst Du z. B. hier:
www.dradio.de …
(Übrigens der einzige Sender, der deutschlandweit und werbefrei sendet! Für Dich in OÖ natürlich schwierig ...

)
Das Radioprogramm selber ist letztlich immer nur ein Spiegelbild der Benutzer, sprich: der Hörer.
Ich denke, das ist ein bißchen wie die Frage nach dem Huhn oder dem Ei. Nähmen die Hörer (bzw. genügend von ihnen) ihre Einflußmöglichkeiten wahr, sähe die das Angebot wahrscheinlich anders aus. Aus meiner Sicht ist die momentane Situation deshalb so, wie sie ist, weil den Machern freie Hand gelassen wird, bei dem, was sie produzieren. Das verkaufen sie dann als superhip und cool, und weil viele Menschen (gerade in der von Dir erwähnten Zielgruppe) so unreif (manchmal habe ich sogar den Eindruck gehirngewaschen) sind und es für sie wenig Schlimmeres gibt, als nicht auf der Welle zu schwimmen, geben sie sich diesem Mainstream hin. Das bestärkt den Produzenten in seiner Argumentation, doch stets das zu bieten, was der Konsument will (erwähnt aber dabei nicht, daß er ihnen tüchtig eingeredet hat, es unbedingt haben zu müssen). In diesem Zusammenhang fällt mir eine Passage aus dem Stoppok-Titel "Tanz" ein:
Wie das meiste, was dir auf dem Bildschirm erscheint,
Und du nur reagierst, weil irgendwer meint,
Daß man dieses oder jenes jetzt gut finden muß,
Und du dir das reinziehst bis zum Schluß,
Dann da sitzt völlig gelähmt
Wie ein Tiger im Zirkus - endgültig gezähmt
Wobei ich auf Anhieb nicht einmal wüßte, wann ich wo das letzte Radio- Hörspiel gehört hätte...
Siehe obigen Verweis … ;o) Da gibt's gute Hörspiele (und oft auch preisgekrönte aus eigener Produktion) in Hülle und Fülle.
(…) wirst Du auch mit einem einzelnen Konsum- Verzicht nicht wirklich etwas erreichen.
Sagte ich das nicht? (Mein Zitat: Ob's schlußendlich hilft, die Gesamtsituation zu ändern, bleibe dahingestellt, aber ich tue mir bestimmte Dinge einfach nicht mehr an und lebe eigentlich ganz wunderbar damit.) Und ich mache mir außerdem durchaus die Mühe, Dinge, die mir völlig gegen den Strich gehen, an entsprechender Stelle, sprich bei den zuständigen Menschen, zu kommentieren.
Denn was hat seinerzeit der Shell- Boykott erreicht ? Ein riesiges Medien- Echo, aber kaum Umsatzrückgänge. Was bringt der Aufruf, Ami- Produkte zu boykottieren ? Weiter gute Zahlen bei McDonalds.
Siehste, das belegt doch meine Auffassung, wie es um die Konsumenten in diesem Lande bestellt ist. Zu bequem, um Verzicht zu üben.
Und: Kann denn die Meinung "Das bringt ja eh nichts" ein ernsthaftes Argument dafür sein, sich alles gefallen zu lassen? Es kann sich nichts ändern, wenn sich niemand für oder gegen eine Sache engagiert.
Gut, es kann ja jeder machen, was er will, meinetwegen muß keiner Boykott-Aufrufen folgen, verzichten oder seine Meinung den Verantwortlichen kundtun. Dann aber sollen doch die Menschen, die untätig geblieben sind, auch bitteschön die Klappe halten und sich nicht beschweren.
Viel entscheidender wäre, die Herren in den "oberen" Entscheidungsgremien zu einem Umdenken zu bewegen.
Ich wiederhole mich: Wer bewegt sich denn, um sie zum Umdenken zu bewegen? Sie würden umdenken, bekämen sie zu spüren, daß sie mit ihrem "Schrott" keinen Umsatz mehr machen können. Es läßt sie aber niemand spüren, ergo …
Frage interessehalber: Tust Du was, und wenn ja was?
Was uns fehlt, das sind unabhängige Anbieter, das sind Bürgerrundfunk, "offene Kanäle". (…)
Ja, da wäre ein Mehr wirklich wünschenswert. Neben der finanziellen Seite gibt es aber allerdings auch noch technische Hürden zu nehmen (ich erwähne mal z. B. den heißen Kampf um Frequenzen, den z. B. auch unser recht kleiner Sender ständig ausfechten muß).
Über den Einfluß des allmächtigen öffentlich- rechtlichen Rundfunks mit seinen Monster- Sendeanstalten will ich mich zu dieser Stunde und an dieser Stelle lieber gar nicht auslassen...
Zugegeben, es gäbe wirklich einiges zu kritisieren an den Öffentlich-Rechtlichen, aber bitte schere da nicht alle über einen Kamm. Es gibt nicht "den" öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und insbesondere die kleinen Anstalten haben ordentlich zu kämpfen. Darüber hinaus wird das bißchen noch existente Qualität in der Radio- und Fernsehlandschaft (z. B. Kulturprogramme, seriöser Journalismus, gute Hintergrundberichterstattung), nur noch von ihnen geliefert.
Wie gesagt, bei allem Jammern und Klagen: Niemand wird gezwungen, sich etwas anzusehen oder anzuhören. Das, was wir derzeit zu sehen und hören kriegen, sind wir selber schuld.
Nochmal: Man kann durchaus was tun. Und ... Empfangsgeräte kann man im Zweifel um- oder ausschalten.
Liebe Grüße,
Tina