Hallo migoe,
liebe Mitleser und Sulke-Interessierte,
gestern war Tourauftakt in Lübeck und ich war tatsächlich dabei.
In meiner jahrzehntelangen Karriere als ÖPNV-zum-Konzert-Anreiser ist es nun zum ersten Mal passiert, dass ich einen Konzertanfang verpasst habe, was mich arg wurmt. Ich bin stets übervorsichtig und plane immer große Zeitpuffer ein, aber es fielen ohne ersichtlichen Grund (also Personalmangel) tatsächlich drei aufeinanderfolgende Züge von Kiel nach Lübeck aus und zwei versprochene Schienenersatz-Busse kamen einfach nicht.
(Bevor jemand über die DB schimpfen will: Betreiber der Verbindung ist seit Anfang des Jahres die Privatbahn erixx.) Ein vierter Zug brachte mich jedenfalls um 19:55 an den Lübecker Hauptbahnhof, Stadtbus um wenige Sekunden verpasst, 1,4km zum Stadttheater gerannt, 20:08 im Saal -- da ging gerade das erste Lied zuende.
Aber ich will von den 98% des Konzerts, die ich erlebt habe, berichten...
Stephan Sulke wirkte gut gelaunt und voller Spiellaune.
Mir haben die Lieder gefallen, auch wenn es nicht so 100%ig mein Lieblingsstil ist und mancher Lovesong mir musikalisch zu sehr in die poppige Fahrstuhlmusik-Richtung geht.
Ich muss generell sagen, dass ich sein Werk, seine Art, Konzerte zu geben, überhaupt nicht kannte und keine Vergleichspunkte habe - kann nichts zu Entwicklungen und Besonderheiten berichten.
Quelle: https://i.ibb.co/RzRM7TQ/Stephan-Sulke- ... Viktor.jpg
Ein paar unsortierte Auffälligkeiten:
- Es standen Piano, Gitarre und Keyboard auf der Bühne, wovon die Gitarre nur für 1 einziges Stück zum Einsatz kam. Da hätte ich viel mehr erwartet, weil ich auch manches Pressefoto mit Gitarre kannte. Interessant!
- Wenn Sulke erzählt, schaut er viel zu Boden, Hand in der Hosentasche -- das wirkt nicht unbedingt wie eine Profi-Bühnensau, aber ich finde es charmant; ich mag ja solche Imperfektionen. Umso schöner, wenn er mal strahlt, wenn es großen Beifall gibt.
- Der Rahmen der Songauswahl wirkte durchdacht, aber nicht jede Überleitung schon vorüberlegt. Er erzählte viele "Berner-Witze" - weiß nicht, ob das geplant war, dass es ein wenig ausuferte. Hätte für meinen Geschmack nicht sein müssen -- waren aber, muss ich gestehen, alle ganz lustig.
- Richtig gut gefallen hat mir in der zweiten Hälfte die Anmoderation zu "Uschi". Sulke erzählte frei einen ausführlichen Rückblick, zunächst über seine Anfänge mit deutschen Songs, die stetige Ahnungslosigkeit der Plattenbosse, dann die recht spontane Entstehung des Liedes ohne kommerzielle Kalkulation und letztlich die Auswirkungen des Erfolgs. Besonders dieses Phänomen, dass die Hallen größer wurden, aber die eingefleischten "echten" Fans böse waren, dass Nicht-Kenner plötzlich wegen eines einzigen Liedes in die Konzerte kamen - das hat er interessant beschrieben. Fast eine Viertelstunde ging diese Vorab-Erzählpassage. Aber er scheint mit dem Lied versöhnt zu sein. (Andere spielen ihre Schicksals-Hits dieser Art manchmal aus Trotz gar nicht.)
- Neben alten Fan-Favoriten ("Ich wurde vorab schon überschüttet mit wünschen älterer Songs"), hatte ich das Gefühl, schaffte er auch Platz für unscheinbare Lieder, auf die er selbst Lust hatte - darunter auch "ein nigelnagelneues Lied, noch nicht veröffentlicht".
- Großer Kulturschock für mich: Hintergrund-Tracks! Für einige Lieder kam Hintergrundmusik vom Band (dafür stand ein Laptop auf dem Klavier). So wurde manches Stück um Bass, Synthie-Streicher, Schlagzeug etc. angereichert. Das war im Ergebnis mal passend, mal kitschiger (für meinen Geschmack) nach 70er/80er-Pop-Sound -- aber vom Prinzip her gefällt es mir einfach nicht, weil ich den Reiz immer in der musikalischen Handarbeit sehe; und er hats ja auch ohne Schnickschnack drauf.
- Das Publikum wirkte auf mich, als gäbe es vorne einen kleinen Kern wahrer Sulke-Kenner (Songwunsch-Reinrufe; Textsicherheit beim "Uschi"-Publikumssingen) und viele aufgeschlossene Neugierige wie mich. Erkennungs-Applaus gab es nur für einen einzigen Song: "Der Mann aus Russland" (Vorab-Bemerkung: "Ich weiß, das ist im Moment ein schwieriges Thema...")
- In den Zugaben kam er mit einem Zettel raus und sagte: "Wir haben jetzt gerade was beschlossen" (wollte er abwarten, wie es ihm gefällt?) - nämlich, dass er im Mai 2024 wieder dort auftreten werde. Also für Migoe und alle anderen: Neue Tour, neues Glück...
Hier die Liste der gespielten Lieder:
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Erste Konzerthälfte:
Du lieber Gott (Acapella)
Mein Leben (Klavier)
Ein vergilbtes Stück Papier (Klavier)
Venus (Playback + Klavier)
Hass und Krieg (Keyboard)
Ich liebe dich (Keyboard)
Meine Sprache (Keyboard)
(neues Lied) "War im Norden und auch Süden schon" (Klavier)
Blöde (Klavier)
Die Andere (Klavier)
Ulla (Klavier + Playback)
Zweite Konzerthälfte:
Den einen noch (Playback)
Der Typ von nebenan (Klavier)
Uschi (Klavier)
Ich bin ein altes Zimmer (Klavier)
Ich hab dich bloß geliebt (Keyboard)
(mir unbekannt - wie heißt das?) "vom Herrgott so'n Gesicht bekommen hat wie ich" (Gitarre)
Denk an mich (Klavier + Playback)
Erster Zugabenblock:
Lotte (Klavier)
Das muss doch geh'n (Klavier + Playback)
Der Mann aus Russland (Klavier)
Letzte Zugabe:
Komisch (Klavier)
Sind hier eigentlich Sulke-Experten, die meine Konzerteindrücke vielleicht etwas einordnen können? Habe ich ein Standard-Konzert und -Setlist erlebt?
Habt ihr schonmal aus Verkehrschaos- oder anderen Gründen ein Konzert zu spät erreicht? In manchen Häusern gibt es ja sogar strenge "Bei Zuspätkommen kein Einlass bis zur Pause"-Regeln. Lasst gern mal eure Erlebnisse dieser Art hören....
Viele Grüße
Viktor
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