Das Forum braucht einen neuen Chef Liebe Forumsgemeinschaft,

ich wende mich heute mit wichtigen Neuigkeiten an euch als Betreiber dieses Forums. Es fällt mir nicht leicht, diese Worte zu schreiben, aber aus persönlichen Gründe werde ich die Plattform zukünftig nicht mehr weiterführen können. Es ist mir ein Anliegen, euch darüber zu informieren und gleichzeitig nach einer Lösung zu suchen, damit das Forum weiterhin existieren kann. Spekulationen über die genauen Gründe sind unnötig, es hat überhaupt gar nichts mit dem Forum zu tun. Mehr Dementi wird es nicht geben.
Was sind die Gründe?
In den vergangenen Jahren wurde es für mich zunehmend schwierig, mich ausreichend um das Forum zu kümmern. Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass meine eigenen Beiträge immer seltener geworden sind. Obwohl ich die Arbeit an diesem Forum und den Kontakt zu all unseren Besuchern stets als angenehme Erfahrung empfunden habe, sehe ich mich nun mit der Realität konfrontiert, dass ich die aktuelle Verantwortung nicht mehr tragen kann.
Wer macht weiter?
Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass dies nicht das Ende unseres geschätzten Forums sein muss. Daher wende ich mich nun an euch alle und frage in die Runde, ob jemand bereit wäre, die Domain und das gesamte Forum zu übernehmen. Die technische Administration kann ich leider ebenfalls nicht länger gewährleisten, daher suche ich nicht nur nach einem neuen Eigentümer, sondern auch nach jemandem, der die Aufgabe der Serveradministration übernimmt.
Zeitplan und organisatorische Fragen
Mein Zeitplan sieht vor, den "Betrieb" so schnell wie möglich an einen geeigneten Nachfolger zu übergeben. Sollte sich bis zu diesem Zeitpunkt niemand finden, und falls ich keine andere Möglichkeit zur Fortführung des Forums finde, müsste ich die Abmeldung des Dienstes und der Domain wahrscheinlich im April oder Mai 2024 durchführen. Diese Entscheidung würde damit zusammenhängen, dass zu diesem Zeitpunkt die jährlich gebuchten Dienste wie Server, SSL, Domain usw. verlängert werden müssten.

Bis zu diesem möglichen Übergabetermin werde ich selbstverständlich weiterhin die laufenden Kosten (ca. 150 €/Jahr) tragen und mich darum kümmern, dass der Nachfolger sich in das Forensystem, die Dateistruktur auf dem Server sowie die Administration des Servers einarbeiten kann. Meine volle Unterstützung und Erfahrung stehen demjenigen zur Verfügung, der bereit ist, dieses Forum in die Zukunft zu führen.
Bitte meldet euch bei mir, falls ihr Interesse an einer Übernahme habt oder weitere Fragen habt. Lasst uns gemeinsam nach einer Lösung suchen, dass diese Gemeinschaft auch in Zukunft bestehen bleibt.

Ich habe HIEReinen Forenbeitrag eröffnet, der auch für Replys offen ist...

Tag 16 - 25 00 30 Fred Kasulzke Protestazki

In diesem Unterforum werden die Rezensionen und Gespräche zu den einzelnen Lieder Reinhard Meys zusammengefasst
Forumsregeln
Das Projekt "Jeden Tag ein neues Lied" startete am 01.01.2023 und wurde am 27.01.2023 beendet.

Am 01.02.2023 startete die aktuelle Aktion "Ein Lied - viele Perspektiven" und auch mit diesem Projetk habe ich mir das Ziel gesetzt, mich nach und nach mit allen Liedern von Reinhard Mey zu beschäftigen und über meine Gedanken und Erlebnisse zum jeweiligen Lied zu erzählen.

Ich lade alle ein, die eigenen Gedanken beisteuern. Die Lieder sind es wert.
Antworten

Das Lied "25 00 30 Fred Kasulzke Protestanzki"...

Umfrage endete am Mo 23. Jan 2023, 01:00

...mag ich gerne und gehört zu meinen Favoriten
1
14%
...höre ich gerne, gehört aber nicht zu meinen Favoriten
0
Keine Stimmen
...kenne ich, mag ich aber nicht so gerne
2
29%
...kannte ich noch nicht, finde ich super
1
14%
...finde ich übertrieben und veraltet
2
29%
...skippe ich immer weg, ist mir zu politisch
1
14%
...braucht kein Mensch
0
Keine Stimmen
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 7

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migoe hat dieses Thema gestartet
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Tag 16 - 25 00 30 Fred Kasulzke Protestazki

Beitrag von migoe »

Was hat es mit dem Projekt "Jeden Tag ein neues Lied" auf sich?
Am 01.01.2023 habe ich mit das Projekt Jeden Tag ein neues Lied gestartet mit dem Vorsatz, ein Jahr lang jeden Tag ein anderes Lied von Reinhard Mey zum Thema zu machen und aus einer eigenen Perspektive zu beleuchten.

Das Prinzip ist simpel und bereits im Namen wird erklärt, was genau ich damit meine: ich werde jeden Tag in diesem Forum ein Lied des Tages posten und in Form eines Videos in den Beitrag einbauen. Die Idee dahinter ist, mich selbst mit den Liedern auseinanderzusetzen, meine Einstellung bzw. meine "Beziehung" zum jeweiligen Lied zu beschreiben UND gleichzeitig alle dazu einladen, die eigene "Geschichte zum Lied" mit den anderen Besuchern des Forums zu teilen.

Zu jedem Lied starte ich zudem eine Umfrage, die je nach Situation einen Tag oder eine Woche laufen soll und bei der alle kurz und knackig ihre Einstellung zum Lied abgeben können, ohne einen eigenen Beitrag dazu schreiben zu müssen - obwohl das natürlich auch erwünscht und geboten ist, schließlich ist das hier ein Forum ;-)
Das heutige Lied des Tages ist:
25 00 30 Fred Kasulzke protestazki
Hier erscheint normalerweise ein Video von YouTube. Bitte wende dich an einen Administrator.
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Reinhards Ankündigungstext auf der Bühne (Quelle: Album "Live") Zitat:
...Ich möchte nun zu einem Lied ausholen, dass ich mir nach dem Lesen eines Zeitungsartikels habe einfallen lassen, und zwar stand in diesem Zeitungsartikel, dass es in Amerika drei cleveren Geschäftsleuten geglückt ist, eine Firma zu gründen, bei der man sich seinen Protestmarsch ausleihen kann. Da hab ich gesagt, wenn hier jemand darauf käme, dann wäre das der Fleischermeister Fredie Kasulzke. Und dies ist nun die Ballade vom fulguranten sozialen Aufstiegs des Fleischermeisters Fredie Kasulzke aus dem Norden mit zwei Filialen in der Innenstadt - und jetzt auch im Verbrauchermarkt ...
Dieses Video habe ich auf dem YouTube-Kanal gebjgbtl571b gefunden
Fred Kasulzke protestazki ist eine "ernstgemeinte" Parodie
Dieses Lied ist auch unter dem längeren Titel 25 00 30 Fred Kasulzke Protestanzki oder die Ballade vom sozialen Aufstieg von Fred Kasulzke (89 Zeichen inkl. Leerzeichen :schwitzen: ) bekannt und hat damit den längsten Titel aller Lieder von Mey, aber der Einfachheit halber werde ich den kürzeren Namen verwenden :pfeifen:

In der Die Ballade vom sozialen Aufstieg des Fleischermeisters Fred Kasulzke wird die Geschichte von Fred Kasulzke erzählt, einem Mann, der finanzielle Schwierigkeiten hat. Eines Abends, während er fernsieht, hat er die Idee, eine Firma zu gründen, die sich auf gemieteten Protest spezialisiert. Er beginnt damit, "Müßiggänger" (in der Zeit der Entstehung dieses Lieds waren das Menschen, die heute unter Hartz4 fallen würden), Rentner und Pensionäre zu drillen und erhält Aufträge von verschiedenen Gruppen. Er organisiert Sitzstreiks, Fackelzüge, Terroraktionen und sogar eine Elitegruppe, die ausländische Botschaften mit Tinte bombardiert. Am Ende ersinnt er sogar den Plan, Tochterfirmen im Ausland zu gründen, weil sein Geschäftsmodell so gut funktioniert.

Reinhard Mey packt schon in sehr jungen Jahren das "heiße Eisen" der Versammlungsfreiheit an und kritisiert mit den Mitteln der Satire (Parodie) die Auswüchse bei der Art der Wahrnehmung dieses Grundrechts in der Bundesrepublik des Jahres 1966. Doch dieses Thema ist auch heute noch aktuell...

Zunächst, was ist denn das Versammlungsrecht?
Das Bundesministerium des Inneren schreibt dazu auf ihrer Webseite Zitat:
Nach Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) haben alle Deutschen das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Dieses Grundrecht ermöglicht es den Bürgerinnen und Bürgern, sich aktiv am politischen Meinungs- und Willensbildungsprozess zu beteiligen.
Die Versammlungsfreiheit bzw. das Demonstrationsrecht gehört zu den im Grundgesetz garantierten Grundrechten in Deutschland. Versammlungsfreiheit bedeutet, dass jeder Mensch das Recht hat, sich mit anderen Menschen zusammenzuschließen, um gemeinsam seine Meinungen oder Anliegen auszudrücken. Das kann zum Beispiel durch eine Demonstration, eine Kundgebung oder ein Treffen geschehen.

Einfach ausgedrückt, es bedeutet dass jeder Mensch das Recht hat, seine Meinung zu sagen und zusammen mit anderen Menschen seine Meinung zu teilen, solange sie niemanden gewaltsam verletzt oder ihre Rechte einschränkt. Diese Freiheit ist wichtig, damit Menschen ihre Meinungen und Anliegen äußern können und sich gegen Ungerechtigkeiten und Missstände einsetzen können.

Bei der Gewichtung der Grundfreiheiten geht es immer um Verhältnismäßigkeit
Seit Beginn der Corona Pandemie wurde über die Verhältnismässigkeit und der gerechten Gewichtung im Widerstreit der verschiedenen Grundfreiheiten diskutiert und gestritten. Dieses Fass möchte ich gar nicht aufmachen, bzw. diese Wunde ist noch nicht verheilt. Deshalb fällt mir bei dieser Frage ein sehr viel aktuelleres Beispiel ein:

Beim aktuellen Streit, um die Rechtmäßigkeit (und Straffälligkeit) der Proteste von Klimaaktivisten der sog. Letzten Generation geht es genau um die Abwägung von einerseits "Demonstrationsfreiheit" vs. "Bewegungsfreiheit" wenn z.B. Aktivisten Staus verursachen, weil sie sich auf der Straße festlegen und andere deshalb in ihrer Freiheit beschränkt werden. Allerdings berufen sich die Aktivisten von Letzte Generation ja ausdrücklich auf ihr Recht auf Protest UND nehmen es ja direkt und persönlich wahr, bezahlen also nicht andere Leute dafür, sich statt ihrer auf die Straße zu kleben! Ein wichtiger Punkt (für die Argumentation der Aktivisten) ist zudem ihr Hinweis darauf, dass auch vom Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen wird, die Freiheit der zukünftigen Generationen auch heute bereits politisch und gesellschaftlich zu beachten.

Warum macht sich Reinhard Mey über dieses Grundrecht lustig?
Beim oberflächigen Hinhören bzw. ohne Berücksichtigung der Umstände, unter denen der Text entstand, könnte man leicht auf den Gedanken kommen, dass Reinhard Mey sich hier über das Grundrecht der Versammlungsfreiheit lustig macht. Ich verstehe das Lied aber so, dass er damit nicht das Grundrecht selbst kritisiert bzw. verballhornt, sondern die Art und Weise, wie es teilweise angewendet wurde, also das "geschäftsmäßige Vorgehen" von bestimmten politischen Kreisen, die nicht "der Sache wegen" demonstrierten, sondern, um damit ein Geschäft zu machen. Er erklärt das ja auch sehr nachvollziehbar auf dem Album Live von 1971 (siehe oben).

Ist es in Deutschland legal, Menschen fürs Demonstrieren zu bezahlen?
In Deutschland ist es grundsätzlich legal, Menschen für das Demonstrieren zu bezahlen, solange es sich dabei um eine ordnungsgemäß angemeldete Demonstration handelt und die Personen, die bezahlt werden, auf eigene Initiative und freiwillig teilnehmen. Es gibt jedoch bestimmte Regelungen, die sich auf die Finanzierung von Demonstrationen beziehen, die beachtet werden müssen. Beispielsweise dürfen Unternehmen, die an politischen Parteien oder politischen Organisationen beteiligt sind, keine finanzielle Unterstützung für Demonstrationen leisten. Es ist auch verboten, Gewalt oder Aufrufe zur Gewalt zu fördern oder zu unterstützen. Es ist wichtig zu beachten, dass die Finanzierung von Demonstrationen, die gegen geltendes Recht verstoßen, illegal sein kann. Es ist daher wichtig, sich über die geltenden Gesetze und Regelungen im Zusammenhang mit der Finanzierung von Demonstrationen in Deutschland zu informieren.
Wie demonstriere ich legal - Video von Christian Solmecke | Rechtsanwalt WBL legal
Regeln für eine Demonstration
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Na klar gibt es bezahlt Berufsdemonstranten! Oder?
Es gibt immer wieder Gerüchte und Behauptungen dazu, z.B. wurde der Bewegung Fridays for Future unter anderem unterstellt, dass sie nur deshalb so viele Jugendliche auf die Straße mobilisieren könnten, weil die Schüler*innen dadurch am Freitag nicht in die Schule gehen würden. Es wurde damit natürlich unterstellt, dass es sich bei den demonstrierenden Jugendlichen sozusagen um "bezahlte Demonstranten" handeln würde, die aber nicht mit Geld bezahlt wurden, sondern deren Profit der "schulfreie Tag" sein sollte :grübel: kann man so sehen...ist aber nachweislich ein vorgeschobener Vorwurf. Aber, immerhin, könnte das Argument "schulfrei für Demo" legitim sein.

Ein weiteres Beispiel war 2019, als europaweit sehr viele - vor allem junge - Menschen auf die Straße gegangen sind, um gegen die Einführung von Artikel 13 des EU-Urheberrechts zu demonstrieren.
Worum ging es 2019 bei den Protesten gegen Artikel 13?
Die Proteste gegen Artikel 13 im Jahr 2019 betrafen eine geplante Änderung des EU-Urheberrechts, die als "Artikel 13" bezeichnet wurde. Die Änderung sah vor, dass Online-Plattformen wie YouTube und Facebook für urheberrechtlich geschützte Inhalte, die von ihren Nutzern hochgeladen werden, verantwortlich gemacht werden sollten. Dies hätte bedeutet, dass Plattformen vor dem Hochladen von Inhalten automatisch überprüfen müssten, ob diese urheberrechtlich geschützt sind. Kritiker argumentierten, dass diese Regelung für Plattformen und Nutzer unverhältnismäßig und schwer durchsetzbar wäre, und dass sie dazu führen könnte, dass wichtige und legitime Inhalte auf Plattformen blockiert werden. Es gab deshalb in ganz Europa Proteste gegen Artikel 13, insbesondere unter jungen Menschen und im Internet-Community.

Der Rechtsanwalt Christian Solmecke hat sich damals sehr intensiv mit der Thematik "Artikel 13" beschäftigt und auf der Webseite seiner Kanzlei WBL legal auch ein ständig aktualisiertes Dokument zum Download bereitgestellt, in dem die Argumente PRO & CONTRA Artikel 13 dargestellt und kommentiert wurden. Außerdem hat er auf YouTube etliche Videos dazu veröffentlicht, z.B. dieses:
Artikel 13: CDU will das Unmögliche...
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Aus den Reihen derjenigen Parteien (vor allem CDU/CSU), die sich für Einführung des Artikel 13 in der damals vorgeschlagenen Version ausgesprochen haben, behaupteten während der Auseinandersetzungen immer wieder, die Leute würden nicht "aus freien Stücken" oder aus politischen Gründen auf die Straße gehen, sondern, weil sie von den US-Unternehmen Google und Facebook dafür bezahlt worden wären, wie z.B. unter NTV.de "Faktencheck: Wurden Artikel-13 Demonstranten gekauft?" berichtete. Beweise für ihre Behauptungen konnten die Politiker*innen nie vorlegen. Darum ging es ihnen aber auch nicht, sie wollten nur die Legitimation der Proteste der jungen Menschen in Frage stellen, was damals ja teilweise auch gelungen ist! Diese Art der Denunziation von politischen Gegner ist nicht neu und wurde in der Vergangenheit schon häufig - vor allem von rechten Akteuren - betrieben, wie z.B. Netzpolitik.org in ihrem Artikel Gekaufte Demonstranten - die Strategie der Autoritären zur Diskreditierung von Protest zusammenfasst. Der Artikel ist vom Frühjahr 2019 und die Parallelen in Bezug auf die Proteste in Lützenau sind frappierend...
Auszug aus dem Artikel "Gekaufte Demonstranten" auf Netzpolitik.org Zitat:
Dieser Vorwurf, Demonstrant*innen, die gegen eine bestimmte Politik auf die Straße ziehen, seien in Wirklichkeit gekauft oder instrumentalisiert, ist nicht neu. So ist die Mär des fremdgesteuerten Protests bei Despoten von Mubarak bis zum sudanesischen Diktator Al-Bashir ein beliebtes Topos, um legitime, demokratische Proteste zu diskreditieren. Es handelt sich um eine Kommunikationsstrategie der Autoritären.
Was bedeutet: 25 00 30?
Zunächst einmal könnte es bedeuten, dass man unter der Telefonnummer 250030 eine Demonstration (in Berlin) anmelden kann bzw. damals konnte. Das wäre natürlich durchaus möglich. Weiß hier jemand mehr?

Natürlich ist es auch naheligend, dass in der Logik des Lieds diese Nummer für die private bzw. geschäftliche Telefonnummer von Fleischmeister Kasulzke steht. Das glaube ich aber nicht, und das nicht nur, weil es im Telefonbuch von West-Berlin 1966 keinen entsprechenden Eintrag und Kasulke gibt/gab - es wäre auch ziemlich schräg, wenn Mey einen "echten" Namen aus einem existierenden Telefonbuch nähme, oder?

Ich meine, der Name Fred Kasulzke ist ein "Pseudonym", der sich aus Fred (zweiter Vorname des Künstlers = Frederik) und Kasulzke (Fantasiename) zusammensetzt und der uns noch in dem Lied Hab Erdöl im Garten begegnet, weil "Kasulzke" dem Protagonisten in diesem Lied ins Poesiealbum schreibt und ihm wünscht:
Wunsch von "Kasulzke", den er ins Poesiealbum schreibt Zitat:
„Hab Erdöl im Garten, ob's stürmt oder schneit
Und mit dem Ersparten üb' Treu' und Redlichkeit.“
Außerdem wird "Fred Kasulzke" noch als Vorbild erwähnt in dem Lied Was kann schöner sein auf Erden, als Politiker zu werden, bei dem er als hintertriebener Immobilienhai beschrieben wird, der kein Problem damit hat, Politiker zu schmieren...aber das sind andere Geschichten...

Ich denke, dass die Verwendung von "25 00 30" im Titel vor allem symbolisiert, wie schnell und einfach es sein soll, sich bei Fred Kasulzkes Unternehmen Leute für eine Demonstration zu besorgen, quasi in "null komma nix"! In "null komma nix ankommen" ist ein umgangssprachlicher Ausdruck, der bedeutet, dass jemand sehr schnell und unerwartet an einem Ort erscheint. Es kann auch verwendet werden, um auszudrücken, dass etwas sehr schnell und unerwartet passiert oder erledigt wird. Beispielsweise, "Ich bin in null komma nix da" bedeutet, dass man sehr schnell und unerwartet an einem Ort erscheinen wird.

Das geht natürlich nur, wenn man diesen Auftrag ebenso schnell vergeben kann und das war im Jahr 1966 halt das Telefon. Alle anderen Möglichkeiten, eine Demo zu organisieren sind auf jeden Fall zeitintensiver - und genau diese Zeit- und somit auch Kostenersparnis sind die Hauptargumente, die für die Idee von Fred Kasulzke sprechen. Heute sind wir es gewohnt, eine über digitale Kommunikationsmittel in Echtzeit zu organisieren - 1966 war das eine absolut innovative Idee.

Für mich ist das die überzeugendste Erklärung dafür, dass er diese Nummer überhaupt im Lied aufgenommen hat und die 00 symbolisiert dabei die prompte Erledigung des Wunsches. Sehr Ihr das genauso oder findet Ihr, ich übertreibe es da etwas mit der Nummernanalysiererei?

Fred Kasulzke 2.0 - der satirische Blick auf "Berufsdemonstranten" wissenschaftlich betrachtet
Das Lied wurde auch in einer Arbeit von Joachim Landkammer erwähnt, die unter dem Titel: Fred Kasulzke 2.0 oder Apfelkuchen mit Sahne für den Berufsdemonstranten im Jahr 2016 veröffentlicht wurde und auch zum Download bereitsteht.
Hier schreibt Joachim Landkammer unter anderem:
Auszug aus der Arbeit von den Seiten 8,10,11 und 12 Zitat:
Reinhard Mey (*1942)8 hat in seinem bereits 1966 entstandenen Lied mit dem an Brecht gemahnenden Titel „25 00 30 Fred Kasulzke protestazki oder Die Ballade vom sozialen Aufstieg des Fleischermeisters Fred Kasulzke“ eine satirische Fiktion ausgearbeitet, die sich nicht nur für damalige Zeiten als erstaunlich weit-sichtig bezeichnen lässt, sondern bis heute auf gewisse Weise „aktuell“ zu sein scheint.9 Vorgestellt wird hier, in der Form der Ultra-Kurzgeschichte von einer erfolgreichen Geschäftsidee eines bis dato eher talent- und glücklosen Zeitgenos-sen, die Vision einer Agentur für Demonstrationen und Protestaktionen „auf Bestellung“, ausgeführt von dazu angestellten gering qualifizierten Angestellten, die keinerlei „inneren Bezug“ mehr zu der von ihnen öffentlich „demonstrierten“ Causa haben, außer eben dem, dass sie von einem interessierten Kunden dafür bezahlt bzw. von einem cleveren Geschäftsmann dafür engagiert werden...

...Der neben dem reinen „Vergnügen“ sicher auch intendierte kognitiv-intellektuelle Anspruch jeder Satire besteht in der impliziten Aufforderung an den Rezipienten, sich eine Welt vorzustellen, in der „so etwas“ möglich wäre10, um sich gleichzeitig zu fragen, ob er eine solche Welt „möchte“; die der aktuel-len Realität entnommenen und als solche wiedererkennbaren Aspekte der Fiktion sollen ihn außerdem dazu bringen, die fingierte mit der realen Welt zu verglei-chen, um aufgrund der zu entdeckenden „Übereinstimmungen“ die kritische Ablehnung, moralische Entrüstung oder spottende Distanz von der Fiktion auf die Wirklichkeit zurück zu übertragen. Aufgrund dieser vorläufigen und groben Beschreibung der Funktionsweise von Satire lässt sich der Text nun analysieren und auf seine damalige wie heutige „Tauglichkeit“ überprüfen.Da wäre etwa die Frage nach der historischen Kohärenz und Konsistenz zu stellen, als Nachfrage nach dem Grad der Wirklichkeitsnähe und -ferne; trifft die satirische Übertreibungsgeste ihren Gegenstand noch, war/ist also so etwas wie ein „gemieteter Protest“ überhaupt denkbar – und wenn ja, was wäre ggf. schlimm daran? Ist die im Text gelieferte Begründung für dieses Phänomen zumindest im Rahmen satirisch erlaubter Pointierung noch „realistisch“? Macht die für den ironischen Effekt zuständige Diskrepanz und Inkongruenz11 der Dar-stellung auf analogisierbare Realproblematiken aufmerksam – und wenn ja, auf welche? Es geht also im Folgenden um die – zugegebenermaßen vollkommen humorlose – Frage nach der Angemessenheit der ironischen Unangemessenheit, nach der Kongruenz der Inkongruenz. In der Tat beruht ja Hrn. Kasulzkes Dienstleistungs-Geschäftsidee nicht nur auf der unterstellten, manisch ausufernden Neigung, jegliches Anliegen durch „Pro-testiererei“ durchzusetzen, sondern auch auf realen Schwierigkeiten und dement-sprechenden möglichen Bedürfnissen, die bei öffentlichkeitswirksamen Akten der politischen Meinungsbekundung durchaus auftreten. Der Text selbst deutet davon nur die naheliegendsten an...

Eine mit fast ebenso großem Eifer behütete Tabuzone der Authentizität und des unmittelbar subjektiven Willens-Ausdrucks findet sich erstaunlicherweise am diametral gegenüberliegenden Pol des Spektrums zwischen privatem und öffentlichem Handeln: nämlich beim öffentlich demonstrierten politischen Enga-gement. Reinhard Meys Satire soll zeigen, wie „absurd“ eine Welt aussähe, in der dem nicht (mehr) so ist. Während sonst die „offizielle“ Politik gern als etwas Undurchsichtiges, Verlogenes und Schmutziges imaginiert wird23, umgibt die „Politik der Straße“ die Anmutung eines reinen, klaren, ehrlichen und wahrhafti-gen Tuns in „vollkommene[r] Gewissensreinheit“ (Schmidt 2010). Der unter-kühlt-berechnenden Politiker-Politik „da oben“ und „drinnen“ (in den Hinter-zimmern und Lobbys24) steht die emotional-ungezähmte freiheraus sprechende Straßen-Politik „hier unten“ und „draußen“ gegenüber (Jasper 1998; Hättich 1984: 29). Wo das offizielle politische Handeln überhaupt öffentlich wird, steht es unter medialem Inszenierungsverdacht, während das (scheinbar) formlose, ungezwungene, zur gewalttätigen Ausschreitung neigende Verhalten von De-monstranten „Authentizität“ verbürgt (vgl. Noetzel 1999: insbes. 131). Das im-pliziert, dass der „auf der Straße“ sichtbar werdende politische Wille eines mün-digen Subjekts reinen Herzens etwas Unveräußerliches und Nicht-Delegierbares bleiben muss, bei dessen „Manifestation“25 man sich nicht von anderen (und schon gar nicht gegen Geld) vertreten lassen kann. „Das Recht zum Protest ist auch ein Recht zum Laientum“
Ich musste das mehrfach lesen und habe wahrscheinlich nur die Hälfte dessen kapiert, was der Autor sagen will, aber ich verstehe es so, dass Landkammer sich auf die satirische Fiktion des Liedes "25 00 30 Fred Kasulzke Protestazki" beruft, in der die Idee einer Agentur für Demonstrationen und Protestaktionen "auf Bestellung" vorgestellt wird, die von gering qualifizierten Angestellten ausgeführt werden, die keinerlei "inneren Bezug" mehr zu der von ihnen öffentlich "demonstrierten" Causa haben, außer dass sie dafür bezahlt werden. Der Autor stellt die Frage, ob eine solche Welt wünschenwert wäre und vergleicht die fingierte Welt mit der realen Welt, um die kritische Ablehnung, moralische Entrüstung oder spottende Distanz von der Fiktion auf die Wirklichkeit zu projezieren. Er fragt nach der historischen Koheränzund Konsistenz, dem Grad der Wirklichkeitsnähe und -ferne und ob die Begründung für dieses Phänomen im Rahmen satirisch erlaubter Pointierung noch "realistisch" ist. ...ihr wisst schon... :blabla:

Und was gibt es noch zu sagen?
Die Geschichte wird über 6 Strophen zu je 9 Versen (Zeilen) erzählt, wobei in den Strophen 1-5 die 9.Zeile jeweils die vorhergehende Zeile wiederholt. Reinhard Mey verwendet auch in diesem Lied ein metrisch ungebundenes Versmaß, es wird kein Versfuß verwendet. Das Reimschema ist eine Mischung zwischen Kreuzreim (in den ersten 4 Zeilen) und Paarreim (in den anschließenden 5 Zeilen) ist also: ababccdd-d
Beispiel für das Reimschema Zitat:
In Kasulzkes Hauptquartier stehen fünf Kolonnen bereit
Für Manifestationen und Krawall
Pressefreiheit, Antibabypille, Verkürzung der Arbeitszeit
Für und wider, jederzeit und überall
Eine Truppe macht nur Sitzstreiks, eine zweite spricht im Chor
Fackelzüge macht die dritte und die vierte macht Terror
Nummer fünf ist die Elite und nur drauf spezialisiert
Wie man ausländische Botschaften mit Tinte bombardiert
Wie man ausländische Botschaften mit Tinte bombardiert
Ich finde, neben der "politischen" Dimension bietet dieses Lied auch eine subtile Gesellschaftskritik bzw. parodiert typische deutsche Eigenschaften, wie z.B.
  • den Drang, alles bis ins Detail regeln zu wollen,
  • auf alles vorbereitet zu sein,
  • zunächst mit einem "Lockangebot" Appetit zu machen
  • und später dann richtig abzukassieren
  • usw.
Da hat er die deutscheWirtschaftwunderGesellschaft doch hervorragend seziert und passend beschrieben, wie ich finde. Es ist nicht verwunderlich, dass diese Dinge auch heute noch zu beobachten sind, bzw. mittlerweile bis ins Perverse "optimiert" wurden. Viele Menschen in Deutschland denken so wie Fred Kasulzke und würden ihn einen cleveren Geschäftsmann nennen (Stichwort: FDP-Soziale-Marktwirtschaft-DNA :pfeifen: ) und DAS ist doch auch ein interessanter Aspekt an diesem Lied, oder?

Meine Meinung zum Lied des Tages
Meine Wertung: rating von 5 Sternen, weil das behandelte Thema auch heute noch aktuell ist und die Geschichte sich, obwohl sie erstunken und erlogen (dichterische Freiheit) ist, sich doch immer noch hält. Nicht falsch verstehen: Reinhard Mey hat hier eine sehr gelungene Parodie geschrieben, ABER ich halte es ohne kommentierende Einordnung als "gefährlich", weil es halt Menschen gibt, die Ironie und Parodie einfach nicht verstehen und diesen Text für Wahrheit nehmen und sich sagen: "Reinhard Mey ist doch ein seriöser und vernünftiger Dichter, und wenn DER das schon behauptet, dann wird ja wohl was dran sein!". Also, obwohl ich das Lied gut finde, bewerte ich es nur mittelmäßig, weil es - falsch verstanden - gefährlich werden kann, bzw. die falschen Leute sich wegen der schlimmsten möglichen Gründe auf diesen Text beruhen können! Es gibt noch mindestens 2 Lieder in Meys Werk, die ich dazu zählen würde, nämlich Sei wachsam und Was gibt's schöneres auf Erden, als Politiker zu werden ... aber dazu werde ich noch was schreiben ...

Die musikalische Qualität der EP-Aufnahme kann ich nicht beurteilen, weil ich sie nicht kenne. Die Live-Version wird von Mey routiniert und sehr stimmig betont präsentiert - halt Mey live!

Die Die Ballade vom sozialen Aufstieg des Fleischermeisters Fred Kasulzke wurde auf der EP-Single 25 00 30 Fred Kasulzke Protestazki im Jahr 1966 veröffentlicht. Zur "Ballade" wurde das Lied aber erst, als Mey es Live auf der Bühne präsentierte, woraus sich dann wohl der längere Titel ergab (siehe dazu auch meine Auswertung dazu bei der Diskussion um das Lied Das Geheimnis im Hefeteig...... Auf dem Album Live von 1972 - dem ersten deutschsprachigen Konzert-Album Meys ist das Lied ebenfalls vertreten, als 6.Lied der zweiten LP/CD.
Mehr Informationen über die EP "25 00 30 Fred Kasulzke Protestazki" und das Album "live"
Cover - EP-Fred Kasulke - 1966.jpg
Die Aufnahme der EP entstand am 02.12.1966 im Hamburger Tonstudio Menke und wurde zunächst über das Label Xenophon vertrieben, einer Marke des Ernst Voggenreihter Verlags, das später auf die Intercord Ton GmbH überging, die wiederum irgendwann 1994 durch die EMI Electrola GmbH übernommen wurde.

Diese und weitere Informationen zum Lied bzw. zur EP habe ich auf discogs.com gefunden.
  1. A1 - Fred Kasulzke Protestazki
  2. A2 - Frau Pohl
  3. A3 - Vertreterbesuch
  4. B1 - Bist Du Ein Schwindler
  5. B2 - Bauer Ich Bitt´euch

Reinhard Mey live ist das erste Livealbum des deutschen Liedermachers Reinhard Mey. Es erschien 1971 bei Intercord. Aufgenommen wurde es bei einem Konzert am 12.12.1970 in Berlin. Von den 25 Liedern auf dem Doppelalbum sind fast alle von ihm getextet und komponiert.
Die Wikipedia weiß unter anderem folgendes zu berichten:
Wikipedia Eintrag zum Album "Reinhard Mey - live" Zitat:
Das Album vereint die größten Erfolge der bis dahin veröffentlichten Lieder. Die ersten Lieder verbindet er in seinen Ansagen mit dem „Versuch, ein Liebeslied zu schreiben“. Da ihm das nach eigener Einschätzung nicht gelingt, kann er jeweils einen neuen Versuch starten. Auch wenn sich die Darbietung der meisten Lieder eng an die Studioaufnahmen anlehnen, gibt es markante Abweichungen.
Reinhard Meys erste Live-Platte schlug grandios ein, war 1971 insgesamt 5 Monate in den Charts, wurde über 500.000 mal verkauft und stieg bis auf Platz 9 der Charts. Der Künstler erhielt dafür 2 goldene Schallplatten überreicht, die er sich in sein kleines Zimmer aufhängte, wie eine Kinderreporterin damals feststellte siehe Interview ab Minute 18:55.
1. Platte
Cover - Live - 1971.jpg
  1. Ich wollte wie Orpheus singen – 2:04
  2. Das Canapé – 2:52
  3. Das Lied von der Spieluhr – 2:54
  4. Klagelied eines sentimentalen Programmierers – 2:31
  5. Fast ein Liebeslied – 2:11
  6. Ankomme Freitag den 13. – 3:21
  7. Irgendwann, irgendwo – 1:40
  8. Der Schuttabladeplatz der Zeit – 3:44
  9. Christine – 2:46
  10. Heute noch – 2:57
  11. In meinem Garten – 3:05
  12. C’etait une bonne année je crois (Ich denk’, es war ein gutes Jahr) – 2:32
  13. Epitaph auf Balthasar – 4:30
2. Platte
  1. Komm, gieß' mein Glas noch einmal ein – 3:33
  2. Hauptbahnhof Hamm – 1:46
  3. Die Ballade vom Pfeifer – 3:54
  4. Abgesang – 2:45
  5. Manchmal, da fallen mir Bilder ein – 2:58
  6. Die Ballade vom sozialen Aufstieg des Fleischermeisters Fred Kasulzke – 3:00
  7. Kaspar– 3:50
  8. Abscheuliches Lied für abscheuliche Leute – 2:33
  9. Approche ton fauteuil du mien (Lied zur Nacht) – 1:57
  10. Vertreterbesuch – 2:04
  11. Diplomatenjagd – 3:01
  12. Trilogie auf Frau Pohl – 4:33
Ups, jetzt ist der Beitrag zum Lied mit dem längsten Titel auch noch der längste Beitrag, den ich je über ein einzelnes Lied hier auf dem Liedermacher-Forum geschrieben habe, geworden und das war selbstverständlich überhaupt keine Absicht und ich könnte schwören, dass ich das nicht habe kommen sehen, aber wahrscheinlich würdet Ihr mir das sowieso nicht glauben, und deshalb lasse ich das jetzt, weil der Rekord ist ja schon eingestellt... :flüchten:
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Liebe Grüße aus Rothenburg
migoe | www.liedermacher-forum.de | 2003-2024
...
Alles ist vorstellbar! Leider oder zum Glück? ... Es kommt darauf an was DU daraus machst!

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Tag 16 - 25 00 30 Fred Kasulzke Protestazki

Beitrag von Viktor »

Hallo miteinander...

-- Das Lied mag ich, auch wenn der Gag mit den ausländischen Slogans sich natürlich abnutzt (seltsam eigentlich, den Polen-Witz direkt in den Titel zu nehmen bei der Xenophon-Version)
-- Dass die Realität das Lied etwas eingeholt hat, als immer wieder Verschwörungen in Richtung "bezahlte Protestanten" aufkamen, wurde ja schon rausgestellt; da musste ich auch immer an dieses Lied denken
-- Was Joachim Landkammer schreibt, habe ich nicht die Muße, zu verfolgen.
-- Migoe, ja, ich würde wagen zu behaupten, du hast zu viel in die ausgedachte Telefonnummer reininterpretiert. Ich schätze mal, es musste irgendeine Nummernfolge her, die ins Versmaß passt und sofort als Telefonnummer erkenntlich ist ("Null-Null" hilft). Fun fact aus der GEMA: Der Sachbearbeiter beim Eintragen hat das mit der Telefonnummer wohl nicht erblickt: Titel dort "Zweihundertfünfzigtausenddreißig Fred Kasulzke Protestatzki" ;-)

Und wo ist eigentlich die 1966er Version zum Anhören? (Hat ja nicht jeder einen dreistelligen Betrag für die EP übrig und/oder den Plattenspieler zur Hand.)
Da will ich schnell ergänzen:
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Die klingt für meinen Geschmack nämlich viel zu lahm. Was meint ihr?

Viele Grüße
Viktor

PS: In anderen Kulturen gibt es "Klageweiber", die bezahlt werden, um für Fremde zu Trauern. Wenn man Trauer "outsourcen" kann, ists mit dem Protest vielleicht gar nicht so abwegig? Oder es gibt ja auch die App "Taskrabbit", worin man fremde Leute zum Warten in einer Schlange usw. beauftragen kann.
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Beitrag von Skywise »

Viktor Zitat: Mo 16. Jan 2023, 09:52
Die klingt für meinen Geschmack nämlich viel zu lahm. Was meint ihr?
An dem Mitschnitt liegt's nicht; die EP-Aufnahme ist tatsächlich deutlich langsamer und weniger schwungvoll als die Live-Fassung. Ich hab's mir beim ersten Hören so erklärt, daß die Zeit für Experimente fehlte (die "Musketiere"-EP entstand parallel, somit stand nur ein einziger Tag zur Verfügung, um mindestens neun Stücke aufzunehmen) und Mey und/oder der Tontechniker Risiken minimieren wollten (Versingen, Verspielen, mangelndes Textverständnis oder was einem sonst noch alles einfallen könnte).
Ich meine, irgendwo die Vermutung gelesen oder gehört zu haben, daß das Lied bei der Aufnahme noch relativ neu war und Mey daher noch nicht das Tempo so anziehen konnte, wie er es später tat. Wäre natürlich auch möglich, allerdings wage ich das so ein bißchen zu bezweifeln, eben gerade wegen a) der knappen Zeit im Studio, weshalb die Stücke schon gut "sitzen" mußten und b) dem Umstand, daß dieses Stück der EP ihren Namen gab - hat man damals eher mit Aushängeschildern gemacht, die vom Publikum bereits zuvor gut aufgenommen wurden.

Gruß
Skywise
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Viktor
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Beitrag von Viktor »

Skywise Zitat: Mo 16. Jan 2023, 10:31
(die "Musketiere"-EP entstand parallel, somit stand nur ein einziger Tag zur Verfügung, um mindestens neun Stücke aufzunehmen)
Die 2 Walter-Hedemann-EPs wurden laut Plattenhüllen ebenfalls am 2. Dez. 1966 am selben Ort aufgenommen, was den Zeitdruck / Massenabfertigungs-Feeling nur noch verstärkt haben dürfte -- und deine Theorie in der Tat stützt!
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Beitrag von Skywise »

Viktor Zitat: Mo 16. Jan 2023, 10:45
Die 2 Walter-Hedemann-EPs wurden laut Plattenhüllen ebenfalls am 2. Dez. 1966 am selben Ort aufgenommen, was den Zeitdruck / Massenabfertigungs-Feeling nur noch verstärkt haben dürfte -- und deine Theorie in der Tat stützt!
Hatte ich gar nicht auf dem Schirm ... das wären ja nochmal mindestens 12 Lieder ... und das Tonstudio von Joe Menke war damals nur ein einzelner Kellerraum, also nicht mehrere Studios parallel, das kam erst einige Jahre später, als man zum Studio Maschen wurde (ja, das "gleich bei der Autobahn"). Da hatten einige Leute einen ziemlich arbeitsreichen Tag, möchte man annehmen.

Gruß
Skywise
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Beitrag von migoe »

Lieber Viktor,
Viktor Zitat: Mo 16. Jan 2023, 09:52
Migoe, ja, ich würde wagen zu behaupten, du hast zu viel in die ausgedachte Telefonnummer reininterpretiert. Ich schätze mal, es musste irgendeine Nummernfolge her, die ins Versmaß passt und sofort als Telefonnummer erkenntlich ist ("Null-Null" hilft).
das dachte ich mir auch, wollte aber zumindest den ersten Gedanken ("Sollte es wirklich sooo einfach und eindeutig sein?") nicht unüberprüft stehen lassen. Am Ende muss es ja immer jemanden geben der bereit ist, sich zu opfern, um solche Fragen zu klären, auch wenn die Antwort bereits vorher davon offen vor einem liegt ;-)
Viktor Zitat: Mo 16. Jan 2023, 09:52
Und wo ist eigentlich die 1966er Version zum Anhören? (Hat ja nicht jeder einen dreistelligen Betrag für die EP übrig und/oder den Plattenspieler zur Hand.)
Ich hatte auf dem Kanal danach gesucht und bis gestern Abend zum 23 Uhr gab es dieses Video nicht - Danke.
Viktor Zitat: Mo 16. Jan 2023, 09:52
Die klingt für meinen Geschmack nämlich viel zu lahm. Was meint ihr?
Klingt für mich auch so. Ich hatte diese Version doch schon einmal gehört und jetzt weiß ich auch, warum sie mir nicht im Gedächtnis geblieben ist :flüchten:
Viktor Zitat: Mo 16. Jan 2023, 09:52
PS: In anderen Kulturen gibt es "Klageweiber", die bezahlt werden, um für Fremde zu Trauern. Wenn man Trauer "outsourcen" kann, ists mit dem Protest vielleicht gar nicht so abwegig? Oder es gibt ja auch die App "Taskrabbit", worin man fremde Leute zum Warten in einer Schlange usw. beauftragen kann.
Stimmt ja, und in den modernen Kommunikationsmedien ist es scheinbar nicht unüblich, sich "Follower" zu mieten, die helfen können, den eigenen Account aus dem Sumpf der Unbedeutsamkeit zu heben bzw. eine Bedeutung suggerieren sollen, die nicht existiert, wie z.B. eine Analyse auf deep-data-analytics.com zeigt. Im Rahmen der "ganz normalen" 0815-Influenzer auf Instagram (die lediglich sich selbst vermarkten) mag das eine vernachlässigbare Sache sein, aber wenn politische Parteien solche Methoden benutzen, um sich trotz Zwergengröße als (Schein-)Riese zu präsentieren (wie es die FDP im Jahr 2013 wohl gemacht haben soll - und z.B. horizont.net berichtete) wird es problematisch. Im Internet zeigt sich ja besonders die menschliche Tendenz, der "Herde" zu folgen - ich spreche aus eigenen Erfahrungen als Betreiber eines kleinen unbedeutsamen Forums, welches umgeben ist von lauter Bigplayern im Bereich der Kommunikationskanäle wie Facebook/Twitter/Instagram...
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Michael
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Beitrag von Michael »

Hallo,

der Aspekt mit den "gekauften" Followern oder auch mit Bots ist spannend, das macht dieses alte Lied in der Tat nochmal aktuell. Ansonsten gehört es für mich auch in die Kategorie "eher historisch interessant", was ja für ein Lied, das mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel hat auch absolut in Ordnung ist. Die Original-Aufnahme finde ich interessant, die hatte ich noch nicht gehört. Der Akkordübergang mit der Dissonanz ist für Reinhard Mey ungewöhnlich, daran merkt man, dass er noch nach seinem Stil gesucht hat, so betont macht er das sonst nicht.

Besonders schön finde ich die Zeile "Für die Meinung Freizeit opfern will doch heute kein Mensch mehr", da hat er eine Demonstrations- und Meinungsmüdigkeit satirisch überspitzt, die es ja durchaus gibt. Irritierenderweise gibt es daneben aber auch das genaue Gegenteil. Und das zu allen Zeiten, nicht zuletzt in der Zeit, in der das Lied entstanden ist.

Michael
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Und vielleicht gibt es morgen ja schon den Crash,
dass die Kurse und Masken fallen.
Also laßt uns freuen und träumen davon,
wie die Racheposaunen erschallen.
Franz Josef Degenhardt

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Beitrag von Skywise »

Michael Zitat: Mo 16. Jan 2023, 13:09
Die Original-Aufnahme finde ich interessant, die hatte ich noch nicht gehört.
Gemeinsam mit "Bauer, ich bitt' euch" von derselben EP seit dem 28. Juli 2016 Bestandteil des Programms vom "Liederlicht" ;-)

Gruß
Skywise
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Beitrag von Reino »

Michael Zitat: Mo 16. Jan 2023, 13:09
Besonders schön finde ich die Zeile "Für die Meinung Freizeit opfern will doch heute kein Mensch mehr", da hat er eine Demonstrations- und Meinungsmüdigkeit satirisch überspitzt, die es ja durchaus gibt. Irritierenderweise gibt es daneben aber auch das genaue Gegenteil. Und das zu allen Zeiten, nicht zuletzt in der Zeit, in der das Lied entstanden ist.
Meines Wissens ging es mit den täglichen Protestmärschen erst 1967 los, bis dahin waren das eher jährlich stattfindende Ereignisse. Allerdings gab es im Februar 1966 in Berlin die erste Demonstration gegen den Vietnamkrieg und zwei Tage später eine Gegendemonstration, organisiert von CDU und Junger Union. Das dürfte der Anlass für Meys Lied sein.

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