Hallo Gerd,
Gesch schrieb:
Das Lied hat im Originaltext eine solche Emotionalität, die mich wirklich bis ins Innerste ergriffen hatte. Daher fand ich es auch eher befremdlich, als ich die deutschsprachige Version hörte, in der Hannes von den schönen Erinnerungen an die Zeiten in seinem Ferienhaus im Elsaß singt, und in der die ganze Konfliktspannung des Originaltextes, die einen großen Teil der Emotionalität ausmacht, verloren ist.
herzlich
Gerd
Ich kannte das Original auch schon lange vor den übersetzten Versionen, und meistens kann ich mit Übersetzungen von Liedern, die ich im Original kenne, nicht viel anfangen.
"The town I loved so well" kannte ich zuerst von den Dubliners, dann von Noel McLoughlin, und erst viel später habe ich "Kleine Stadt" kennen gelernt, wo ich mich gefreut hatte, die Melodie wiederzuerkennen, aber was mit dem ursprünglichen Lied nichts zu tun hatte.
Aber ein anderes Beispiel ist "Green Fields of France / No man's Land" von Eric Bogle. Bei der Straßenmusik singe ich nach wie vor lieber das Original als die Version von Hannes Wader ("Es ist an der Zeit"), weil da aus meiner Sicht, wie Du auch sagst, mehr Emotionalität rüberkommt und weil mir Hannes' Version dieses Liedes - ich übertreibe jetzt etwas, aber im Grundgedanken ist es das, was ich meine - zu schroff, plakativ und pathetisch ist, im Vergleich zum Original, muß ich dazusagen. Wenn ich nur Hannes' Version kennen würde, würde ich das Lied eventuell als Meisterwerk ansehen, so aber bleibt immer ein Beigeschmack.
Ich bin oftmals mit den Übersetzungen, selbst wenn versucht wird, sich am Original zu orientieren, nicht einverstanden, weil, genau wie Du sagst, die (ursprünglichen) Emotionen oftmals nicht so in Worte gefasst werden, wie es im Originaltext der Fall ist.
Wieder ein anderes Lied ist "Carrickfergus", wo es auch eine relativ frei übersetzte Version von Hannes Wader ("Das Meer ist tief") gibt, und eine zwar emotionale, aber textlich eher primitive Version von "Piano has been drinking", und dazu noch andere Versionen.
Ganz schlimm fand ich allerdings die Zeit der 60/70er Jahre, als aus sehr vielen sehr guten (Folk-)Songs dann billige Schlager gemacht wurden. Oder auch aus anderen populären Songs, und sei es "You got it" von Roy Orbison, wo Juliane Werding dann ca. 20 Jahre später ein unsägliches "Du schaffst das" gemacht hat.
Gerade aus Liedern, wo Künstler Text und Musik selber schreiben, und beides aufeinander abstimmen, wirken Übersetzungen auf mich oftmals weniger gelungen, weil das Gesamtpaket nicht mehr stimmig ist.
Es gibt aber sicherlich auch genug Beispiele, wo die Übersetzung richtig gut gelungen ist, bzw. wo aus manch einfach gestricktem Text durch eine Übersetzung erst ein Lied richtig zur Entfaltung kam und emotionaler wird.
Da sind wir wieder bei Geschmack und Wahrnehmung
Viele Grüße
Georg