Arneburg lag ebenso wie das benachbarte und einen Tag später von uns besuchte Tangermünde - ja wie die Altmark insgesamt - bisher in einem der weißen Flecken auf meiner persönlichen Erfahrungslandkarte. Das hat sich geändert und es wird wohl nicht unser letzter Besuch dort gewesen sein.
Google+ hatte mir am vergangenen Donnerstag verraten, dass Thomas und Edgar am Freitag ein Konzert zur Präsentation ihrer neuen CD "Jahresringe" geben werden. Und da mich der Computer ganz erwartungsvoll fragte, ob ich teilnehmen möchte, klickte ich spontan auf Ja! Frau zum Mitkommen überreden und Hotelzimmer in der Nähe buchen waren dann nur noch Minutensache.
Zum Konzert kamen wir trotz einiger kleiner Verkehrsunpässlichkeiten pünktlich, wenn auch als letzte. Die Kunst- und Kulturscheune, ein EU-gefördertes Kulturkleinod der Stadt Arneburg, war schon randvoll gefüllt. Thomas fiel aus allen Wolken, als er uns sah und Edgar besorgte schnell noch zwei Stühle, auf die er uns in einer neuen ersten Reihe platzierte - spät kommen hat manchmal auch Vorteile .
Ohne viel Vorgeplänkel ging es los. Die Anspannung, von der beide hinterher berichteten, war selbst dem damit erfahrenen und geübten Beobachter kaum wahrnehmbar. Gelöst und doch fokussiert, ganz im jeweiligen Lied und Thema versunken, nahmen die beiden das Publikum charmant mit auf ihre Reise durch das Jahr. Die sei ein wenig herbstlastig, beeilte sich Thomas um Nachsicht zu bitten. Wohl auch, weil die drei schönen Texte von Danuta Ahrends, die Thomas vertont hat, "Im November", "Frühlingstag im Winter" und "Oktober" heißen. Ehrlich, Freunde, das wäre mir sonst kaum aufgefallen noch hätte es mich gestört!
Sehr angenehm der Beginn: um an das Bisherige anzuknüpfen und damit auch einen Blick auf ihre musikalische Entwicklung zu werfen, sangen Thomas und Edgar zunächst drei Titel ihrer CD "Worte im Wind" von 2009. Hier hätte jeder Liedertreffen-Teilnehmer schon das erste begeisternde Wiedererkennenserlebnis gehabt! Für den Lacher des Abends sorgte Edgar, als er quasi als Ersatz für die von ihm (angeblich) vergessenen Programmzettel die CD verteilen ließ mit dem Hinweis, man könne ja am Ende entscheiden, ob man die CD zurückgebe oder lieber 10 Euro - und die CD behalte ...
Und dann sangen sich die beiden durch ihre CD, dass es eine Lust war zuzuhören. Weit spannte sich der Bogen, wie man ihn von ihren Auftritten zu den Liedertreffen kennt - vom Tod des ersten Freundes, der einem plötzlich eine Unzahl offener Fragen hinterlässt über die Frage, ob und wie sehr wir einem vorbestimmten Schicksal ausgeliefert sind bis zur Gewissheit, dass nichts Gewissheit ist, selbst nicht die zum Lied geronnenen Erkenntnisse eines Liedermachers!
Einen wunderbaren Farbtupfer brachten die beiden Gastsänger Kerstin und Andreas Finger (Duo Hoahnenfoot) ein, die das von Thomas komponierte und von Helga Albert getextete Lied "Windspöl" in altmärkischem Platt sangen.
Es juckt mir in den Fingern, über jedes Lied etwas zu schreiben - doch dann könnte ich mein Versprechen nicht einhalten, den Text heute noch online zu stellen.
Das gut zweistündige, kurzweilige, anrührende und mich begeisternde Konzert lässt mir die Reise in die Altmark mehr als lohnend erscheinen. Sehr berührt hat mich am Schluss, dass bis auf wenige Ausnahmen alle an der CD Beteiligten - Texter, Sänger, Fotografen - gemeinsam auf der Bühne standen und sich einander ihrer Dankbarkeit versicherten, an diesem Projekt mitgewirkt zu haben.
Das Wohlgefühl des Abends strahlte noch aus bis in den nächsten Tag, an dem wir Tangermünde besuchten. Die gut 1000 Jahre alte Stadt hat eine ganz eigene, sehr durch die roten Bauten der norddeutschen Backsteingotik geprägte Atmosphäre, die auch nicht von den alsbald einsetzenden heftigen Regengüssen wesentlich beeinträchtigt werden konnte.
Ganz rund wurde der Altmarkbesuch dann durch einen von Thomas und seiner Liebsten kredenzten köstlichen Erdbeerkuchen und das dazu gehörige herzerfrischende Gespräch in ihren vier Wänden!
Herzlichen Dank an Thomas und Edgar für den anregenden Abend und die Gastfreundschaft! Wir kommen ganz sicher wieder zu Musik und Gespräch - einstweilen aber vertiefe ich mich in die CD "Jahresringe", die ich jedem nur wärmstens empfehlen kann!
Stephan Graumann