Liebe Amori und die alle anderen Hesse-Liebhaber.
wir waren schon dort
und - es hat geregnet
Leider war also nichts von Klingsors flammenden Sommer zu spüren. Allerdings waren wir im Museum und haben Schreibmaschine, Strohhut, Gartenschere, Regenschirm und viele Fotos bewundert. Und ich habe mich, wie vor mir schon Patti Smith und Udo Lindenberg, unter seinem Foto fotografieren lassen.
Klingsors "Pallazo" wird gerade renoviert. Das Haus ist aber sowieso nicht frei für Besucher. Das Tor stand offen und ich konnte einen Blick reinwerfen (Schön!) Wir sind an seiner Sonnenterrasse vorbeigegangen und ein Stück Richtung Lugano. Damals führten hübsche Wege nach Lugano, heute natürlich nicht mehr. Wo damals die alten Häuser "halbtot" im grünen Tal standen, führt heute eine Autobahn durch.
Von der Casa Rossa haben wir nur die Einfahrt gesehen. Man kann sich mit etwas Phantasie aber gut vorstellen, wie es damals war. Im "Bellevue" haben wir nicht gespeist. Es ist nachmittags geschlossen, aber wir standen auf der Terrasse und haben die Ausssicht genossen. Sein schlichtes Grab haben wir auch besucht. Ich habe mir gewundert, dass keine Blumen dort abgelegt waren. Aber ich muss gestehen, ich hatte auch keine dabei ...
Es gibt immer noch viel Schönes zu sehen. Die Berge sind noch voll bewaldet (Esskastanien). Es gibt noch alte Tessiner Dörfchen. Wir haben auch das Papageienhaus gefunden. Dort hat Klingsor die "Königin des Gebirges" kennengelernt (und Hesse seine zweite Frau).
Außerdem waren wir auf dem Monte Verità bei Ascona. Dort hatten wir Glück mit dem Wetter. Ich bin in einer Lichtlufthütte gewesen. Hesse war damals bei den Vegetarieren, Veganern, Kohlrabiapostel und Gemischtkostlern auf Kur und hat einige Wochen in solch einer Hütte verbracht. Diese Zeit hat ihn zu den Erzählungen "Der Weltverbesserer" und "Doktor Knölges Ende" inspiriert.
Leider hat es sich auch nicht ergeben, dass wir ein "Grotto" besuchen konnten. Einmal haben wir es versucht, aber alle Plätze waren schon belegt.
Fazit: Es war sehr schön. Das bisschen Regen konnte die Stimmung nicht trüben. Den berühmten Balkon habe ich natürlich ehrfürchtig fotografiert. Die Fotos muss ich aber erstmal auf den Rechner bekommen. Das braucht bei mir etwas mehr Zeit.
Und zum Schluss ein Zitat von Hesse, der schon 1927 gespürt hat, dass die Idylle gefährdet ist:
Das Geld, die Industrie, die Technik, der moderne Geist haben sich längst auch dieser vor kurzem noch zauberhaften Landschaft bemächtigt, und wir alten Freunde, Kenner und Entdecker dieser Landschaft gehören mit zu den unbequemen altmodischen Dingen, welche an die Wand gedrückt und ausgerottet werden. Der Letzte von uns wird sich am letzten alten Kastanienbaum des Tessins, am Tag eh der Baum im Auftrag eines Bauspekulanten gefällt wird, aufhängen.
Gott sei Dank ist es nicht so schlimm gekommen. Aber es wäre schön, einmal eine Zeitreise machen zu können. Und natürlich kann ich jedem eine Reise auch in der Jetztzeit nur empfehlen.
Liebe Grüße, Marianne