Woher ich das weiß?
Sven teilt uns diese und viele andere Gedanken in einem langen und sehr persönlichen Blog-Eintrag auf der Webseite von Reimkultur mit und auch wenn der Titel zunächst etwas "übertrieben" klingen mag, bin ich dankbar, dass es jemand so mutig und klar ausspricht, wie es den Kulturbetrieben (und in seiner Position als Geschäftsführer von Reimkultur vertritt er die Interessen des Betriebs!) in der aktuellen Situation geht. Sein langer und ausführlicher Blogbeitrag thematisiert die Krise in der die Branche. Er macht das aber nicht allgemein und oberflächlich, sonder sehr konkret und umfassend sowie sehr ehrlich. Beim Lesen habe ich mir mehrfach gedacht, dass ich gerne helfen würde und aber genauso unfassbar ohnmächtig und hilflos bin wie die Künstler und Kulturbetriebe, die davon ja persönlich und mit allen Konsequenzen betroffen sind.
Sven gibt einen Blick auf die Lage
Er schreibt darüber, warum viele Hilfsmaßnahmen gar keine Hilfe sindMit Blick von heute aus, Anfang August 2020, werden wir in der nahen Zukunft keinen einzigen Auftritt von Bodo veranstalten können. Die Bedingungen, unter denen derzeit Konzerte – wenn überhaupt – stattfinden dürfen, erlauben es nicht, eine solche Veranstaltung für Konzertbesucher:innen, Künstler und Veranstalter zufriedenstellend durchzuführen. Je nach Bundesland darf nur jeder 3. oder 4. Platz besetzt werden, es dürfen keine Programme mit Pause gespielt werden. Eine Auslastung von 25 bis 33% ist aber unter keinen Umständen wirtschaftlich. D.h. wenn wir unter diesen Bedingungen Konzerte geben würden, dann würden wir "Geld zum Veranstaltungsort tragen", wie wir zu sagen pflegen...
Vielen Menschen und auch der Politik ist die Bedeutung der Kulturbranche für die deutsche Wirtschaft nicht bewusst, zumindest sieht so seine Erkenntnis aus den letzten Monaten ausAbgesehen davon greifen auch die bisherigen Hilfsmaßnahmen kaum. Auf Soforthilfe hatten wir bis 31.5., als das Programm auslief, keinen Anspruch, da wir zu dieser Zeit noch mit Erspartem aus dem Vorjahr über die Runden kamen. Da unsere Firma weniger als 10 Angestellte bzw. Vollzeitstellen beschäftigt, werden wir aus der Überbrückungshilfe für Juni bis August maximal 3x 5.000 € erhalten. Als Zuschuss zu den Betriebskosten. Die Hälfte davon kosten alleine unsere Büro- und Probenräume...
Er schreibt auch, was aus seiner Sicht das Besondere an Reimkultur und der Zusammenarbeit mit Bodo Wartke ist und warum es ihnen nie darum ging, einfach nur viel Geld zu verdienen...Erstaunlich, aber wahr: obwohl die Kultur- und Kreativbranche nach Arbeitsplätzen die größte Branche in Deutschland ist (1,7 Mio. Arbeitsplätze, im Vergleich zum Fahrzeugbau auf Rang 2 mit 1,1 Mio.) und nach dem Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtleistung mit rd. 100 Mrd. € auf Rang 2 – hinter der Autoindustrie – liegt *, gibt es überhaupt keine wesentlichen Maßnahmen zur Verbesserung unserer Lage. Es gibt nicht einmal eine Rückmeldung auf Aktionen wie die Night of Light ** oder die diversen Demonstrationen der Veranstaltungsbranche und Petitionen der Künstler:innen und Kreativen. All die Versuche, Aufmerksamkeit zu erregen, verhallen ungehört im Kanzleramt und den diversen zuständigen Ministerien...
Am Ende seines Beitrags sagt er auch, was er sich von der Gesellschaft und uns allen wünscht, um diese Krise zu überstehenDas mit Bodos und meiner Arbeit verdiente Geld wollen wir sinnvoll und entsprechend unserer Wertevorstellungen einsetzen. Unser Gedanke ist nicht neu: Geld ist ein soziales Gestaltungsmittel. Entsprechend ist unsere Firma konzipiert. Da wir obendrein beide von ganzem Herzen Kapitalismuskritiker sind, hat Bodo mal den schönen Leitsatz verkündet: "Lasst uns mit dem Geld Dinge tun, die dem Leben dienen". Und zwar dem Leben aller. Wir haben Menschen angestellt und Arbeitsplätze geschaffen, wir haben mit unseren Ideen für Arbeit gesorgt und auch gerne eher mehr Ideen umgesetzt als weniger. Obendrein haben wir uns schon immer sozial durch Spenden und Benefiz-Aktionen engagiert und so manches Projekt vorangebracht, das dem Gemeinwohl dient. Wir haben nie das finanzielle Risiko gescheut und mit so mancher Idee auch Geld in den Sand gesetzt. Passiert halt. Was wir jedenfalls nicht getan haben, ist Geld in großem Stil aus der künstlerischen Arbeit – sprich: der Firma – abzuziehen. Geld kann nur ein Gestaltungsmittel sein, wenn es nicht in irgendwelchen Anlagen oder auf Konten parkt. Es muss in Umlauf sein, damit es positiv wirken kann. Außerdem sind Bodo und ich grundsätzlich der Meinung, dass man für Bezahlung auch vorher gearbeitet haben sollte. Und nicht anderen Leuten Geld vorenthalten werden sollte, das die eigentlich verdient hätten, nur damit irgendwelche Aktionäre für Nichtstun auch noch bezahlt werden ("entlohnt werden" darf man das nicht nennen).
Dieser sehr eindringliche Appel an uns alle trifft bei mir auf offene Ohren und ich bin gerne bereit, auf Dinge zu verzichten, die im Moment nicht so dringlich sind (neue Kleider, Urlaub, unnötigen Konsum, um des Konsums willens), wenn es dadurch möglich ist, Menschen und Firmen zu helfen, diese Krise zu überstehen.Wir wünschen uns sehr, dass diese Not gesehen wird. Vor allem von den politisch Verantwortlichen, in der Hoffnung, dass es sie auf Ideen und zu Handlungen bringt, die uns nachhaltig helfen. Auch von Euch, unseren Fans, um Euch in Kenntnis darüber zu setzen, was bevorsteht. Und Euch dazu anzuregen, bei freiwilligen Angeboten zu überlegen, was Ihr beitragen, was Ihr geben könnt. Ob es der Leipstream Ende August ist, für den Ihr freiwillig einen beliebigen Beitrag als virtuelles Ticket leisten könnt oder der Online-Shop, in dem Ihr weiterhin gerne einkaufen und dabei auch eine Spende mitgeben könnt. Auch Spenden über unser Paypal-Spendenkonto <https://paypal.me/bwartke > sind möglich. Und wir wünschen uns, dass wir Multiplikator:innen ansprechen können, Menschen, die von unserer Situation erzählen und damit unsere Bedürfnisse und Wünsche bekannt machen, und ebenso alle, die z.B. Petitionen für die Kulturschaffenden zeichnen, sich Demonstrationen der Veranstaltungsbranche anschließen und im Netz aufstehen für den Erhalt ihrer Kultur.
Bodo Wartke und seine Firma (-> und damit alle Menschen, deren Existenz davon abhängt) sind es wert, sich für sie einzusetzen und ich unterstütze gerne Aktionen, die dieses Ziel verfolgen. Sven gibt am Ende seines Beitrags noch folgende Informationen an uns weiter:
Blogeintrag von Sven Schütze auf der Webseite von Reimkultur* eine schöne Quelle hierzu: [note=Das Video von „Mann, Sieber!“]https://www.youtube.com/watch?v=E2EpwDgEow0 [/note] zur Frage „Ist Kultur eigentlich systemrelevant?“ (6.26 Min.)
** Info-Seite zur Night of Light-Aktion vom 22.6.2020
Night of Light Großdemonstration zur Rettung der Veranstaltungswirtschaft unter dem Motto #AlarmstufeRot mit zentraler Kundgebung am Brandenburger Tor: 09.09.2020 um 12.05 Uhr in Berlin
Onlineshop auf der Webseite von Reimkultur (Bodo Wartke, Marc Uwe Kling, Tonträger, Axel Pätz und weiter Künstler)
Möglichkeit der Spende an Bodo Wartke und Reimkultur über PayPal
Onlineshop auf der Webseite von Bodo Wartke (Nur Bodo Wartke Artikel)