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von Gesch
#6
Lieber Michael, liebe Mitlesendinnen und -de,
mich freut es für den alten Mann, der seit Jahrzehnten auf "never ending tour" ist, dass es ihm doch noch immer wieder gelingt, trotz seiner Raunzigkeit Leute zu faszinieren. Klar darf man keine Kuschelatmosphäre erwarten, aber man erlebt eine lebende Legende. Klar auch, dass es viele lebende Legenden gibt - Joan Baez ist auch eine, genauso wie Kris Kristofferson, James Taylor, Aznavour oder die Stones oderoder-, aber nicht jede/r erfährt eben von jedem gleiche Wertschätzung, und manchmal verdient sie auch nicht jeder zu jeder Zeit.
Ich hab einige Dylan-Konzerte erlebt und mein abschreckendstes war gleich am Anfang: Da war "his Bobness" sturzbesoffen und drohte Mitte der Achziger Jahre bei ner Tour mit Tom Petty und Roger McGuinn von der Bühne zu kippen. Was hab ich mich geärgert... - aber was hätte ich mich geärgert, wenn ich die danach erlebten Konzerte verpasst hätte, denn sie waren grandios, auf ihre Art, und nie langweilig.
Eines der letzten war die Tour mit Mark Knopfler, der zunächst mit seiner Band im Vorprogramm spielte und mir nachträglich im Vergleich mit dem Meister wie Supermarkt-Fahrstuhlmusik vorkam (Ich mag Knopfler!!!)... Die Plätze in der Halle hatten sich nach seinem Part auch reihenweise geleert, als Dylan dann mit dem weitaus frischeren Sound und jüngeren Begleitmusikern loslegte...
Ein Konzert der alteren Tour, bei der Dylan nur am Rand hinter seinem Keyboard stand und nicht einmal die Gitarre umhängte, hab ich auch erlebt. Hinterher kam als Erklärung, er hätte einen Bandscheibenvorfall oder so gehabt und sei nicht in der Lage gewesen, sich die Klampfe umzuhängen. Es gibt Künstler, die unter solchen Bedingungen Konzerte absagen - hätte ich schlechter gefunden.
Faszinierend für mich ist, dass sich Dylan musikalisch in Konzerten nicht kopierend selbst covert, wie das unzählige Altstars machen, sondern häufig neu interpretiert, sogar so, dass man nicht auf Anhieb erkennt, was er da eigentlich für ein Lied spielt. Er wird nicht zur eigenen Abspielkonserve.
Zur Frage von Dir, Michael, was Erfahrungen mit Übertragungen angeht: ich hab ne Menge zu übertragen versucht, ältere, neuere Songs, bekannt, eher unbekannte, bin mit manchen zufriedener, mit anderen weniger. Beim LT 2014 hatte ich meine Version von Simple Twist Of Fate ins Programm genommen, die mich eher zufriedener stellt. Bei Interesse schick ich Dir gerne Hör- und Leseproben.
Herzlich
Gerd
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Damit was geschieht, muss zunächst was passiern.
Muss man, eh sich was ändert, denn erst was verliern?
Eh man sich erholt, bleibt keine Zeit auszuruhn,
denn eh sich was tut, muss man selber was tun.